Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Tony Bieber, Anna Sophie Krenn, Dieter Hörmann © Sam Madwar

Tony Bieber, Anna Sophie Krenn, Dieter Hörmann © Sam Madwar

GÖTTIN IN WEISS Fidele „Promotion“ im Teisenhoferhof

Anna Sophie Krenn, Leila Strahl © Sam Madwar

Anna Sophie Krenn, Leila Strahl © Sam Madwar

Ein paar Stamperl Marillener als Katalysator für das Frauenstudium

Ende des 19. Jahrhunderts treffen sich in Krems an der Donau medizinische Kapazitäten zu einem Kongress. Einer der Punkte auf der Tagesordnung ist die Abstimmung, ob in Zukunft auch Frauen zum Medizinstudium zugelassen werden sollen. An sich handelt es sich dabei um ein ernstes Thema. Florentina Hofbauer und Papa Peter (Songtexte) schafften es jedoch, damit leichte Sommerkost für die Wachaufestspiele im Teisenhoferhof anzurichten. In der Komödie „Göttin in Weiß“ wurde der Schauplatz in den Gasthof Windischgruber in Weißenkirchen verlegt. Dessen Personal besteht aus der greisen Wirtin und deren heiratslustigen Enkeltochter. Mit Rektor Dr. Alexander Rollett, dem ministeriellen Leibarzt Dr. Eduard Albert und der vom Kaiser eigens in der Monarchie zugelassenen Augenärztin Dr. Rosa Kerschbaumer, einer Schweizerin, dürfen die beiden hochrangige Gäste empfangen. Dazwischen tragen Rolletts Tochter, der Adlatus von Albert, eine Wiener Heurigenwirtin a. D., der örtliche Pfarrer und ein junger Musikus zur lokalen Unterhaltung ihren nicht unwesentlichen Beitrag bei. Die „echte“ Musik wird übrigens von Elena Gertcheva (Klavier), Gudula Urban (Cello) und Harald Haslinger (Klarinette) in schönster Klangqualität beigesteuert.

Reinhard Nowak, Ulli Fessl, Stephan Paryla-Raky © Sam Madwar

Reinhard Nowak, Ulli Fessl, Stephan Paryla-Raky © Sam Madwar

Marcel-Philip Kraml, Katrin Fuchs, Anna Sophie Krenn © Sam Madwar

Marcel-Philip Kraml, Katrin Fuchs, Anna Sophie Krenn © Sam Madwar

Über historische Fakten sollte man sich nicht zu viele Gedanken machen, es genügt, das lustvolle Spiel des Ensembles zu genießen. Als Wirtin läuft Ulli Fessl zur Hochform auf. Sie schimpft erforderlichenfalls wie ein Kapskutscher, versucht mit herrlich geschertem Charme den Gästen ein Luxusfrühstück anzudrehen und besäuft sich sehenswert in ihrer Verzweiflung, wenn sie hinter das Gspusi von Enkeltochter Susanne (Katrin Fuchs) und dem bettelarmen Klavierspieler Hans (Marcel-Philip Kraml) kommt. Aloisia Wambacher, die Wirtin a. D. (Doris Richter-Bieber), verfügt über ein Arsenal an körperlichen Beschwerden, unter anderem über ein Muttermal auf der Posteriora (auf gut Deutsch: dem Arsch), Gelenksschmerzen und einen Herzanfall, um damit die anwesende Ärzteschar ausgiebig zu beschäftigen. Tony Bieber ist ein dem Marillenschnaps zugeneigter, böhmakelnder Pfarrer, der an mehreren Fronten hochwürdig vermittelnd wirkt. Als Augenärztin Dr. Kerschbaumer erscheint mit Schwyzerdütsch und in erotischer Kampfmontur Leila Strahl.

Mit der (noch) verhinderten Medizinstudentin Oktavia (Anna Sophie Krenn) legt sie eine flotte, wenngleich damals utopische Steppnummer aufs Parkett. Das Ziel ihrer amourösen Bemühungen ist Oktavias Vater, Dr. Rollett (Stephan Paryla-Raky), der über die entscheidende Stimme verfügt. Bis es zur Abstimmung kommt, hat er jedoch grobe Anfeindungen seines Widerparts Dr. Albert abzuschmettern. Der grundsympathische Komiker Reinhard Nowak muss in dieser Rolle ausnahmsweise der Böse sein, dessen Umtriebe jedoch von seinem Adlatus Fritz Wittels konterkariert werden. Dieter Hörmann darf nicht nur den Deppen spielen, sondern (wie auch alle anderen) großartig singen und an endlos ausgehaltenen Schlusstönen ein unglaublich großes Volumen seiner Lunge beweisen. Martin Gesslbauer hat zu all dem eine stimmige Windischgruberische Rezeption geschaffen und Marcus Strahl, Intendant der Wachaufestspiele, passte in seiner Regie sehr darauf auf, dass kein Lacher vergeudet und keiner seiner Akteure mit dem lästigen Corona-Virus angesteckt wird.

Göttin in Weiß, Ensemble © Sam Madwar

Göttin in Weiß, Ensemble © Sam Madwar

Wachau Festspiele Weißenkirchen Logo 300

Statistik