Als mit der Kunst die Fremde zur ersehnten Ferne wurde
Spätestens seit der Renaissance wurden die Künstler des Nordens vom Zauberlicht Italiens angezogen. Die große Reisetätigkeit setzte aber erst mit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein. Gleichzeitig verloren die heimischen Berge ihre Bedrohung und wurden als lohnende Ziele für ergiebige Motive entdeckt. Maler und Zeichner dieser Tage waren nicht selten mit dem Auftrag unterwegs, für den Fürsten und Mäzen die schönsten Flecken seines Reiches abzubilden. Künstler waren unabdingbare Begleiter von Unternehmungen ihrer Förderer, um deren Reisen im Bild festzuhalten oder für die Wissenschaft im Zuge von Expeditionen fremde Länder mit deren Natur und Menschen zu dokumentieren.
Jakob Alt, Die blaue Grotte, 1835
Johann Adam Klein, Landschaftsmaler auf der Reise, 1814
Damit hat sich in der Albertina eine gewaltige Sammlung an Beispielen dieses Genres angesammelt. Kuratorin Elisabeth Dutz war von Generaldirektor Dr. Ralph Gleis mit der großartigen Aufgabe betreut worden, aus diesem Bestand Werke für eine sommerliche Ausstellung in den Weiten der Propter Homines Halle auszuwählen. „Fernweh“ (bis 24. August 2025) steht unter dem Motto: Künstler, aber auch schon einige Künstlerinnen auf damals durchaus beschwerlichen Reisen.
Der Bogen spannt sich von der „Grand Tour“, der mehrjährigen Bildungsreise betuchter Söhne des Adels, über Wanderungen im Gebirge, bei denen die Herren mit Pinsel und Farbe von den Einheimischen noch skeptisch beäugt wurden, bis zu ersten Frauen, die sich von der Mühsal des Reisens mit Staffelei und Palette nicht abhalten ließen, um in südlicher Sonne oder vor einem eiskalten Gletscher ihre Bilder zu fertigen. Wandtexte begleiten aufschlussreich die Promenade vorbei an gekonnten Grafiken in Sepia eines Johann Wolfgang Goethe auf Italienreise über die Werke der Kammermaler des steirischen Habsburgers Erzherzog Johann und der Familie Alt, die Kaiser Ferdinand mit genialen Aquarellen einen Eindruck von entlegenen Winkeln seines Reiches vermitteln sollten, bis zu einem romantischen Gebirgssee von Anna Baar-Plommer. Die Bilder generieren nicht nur nostalgische Lust am Entdecken, sie sind auch Zeugnisse der Veränderung einer Welt, in der heute Menschen in ein paar wenigen Stunden von einem Touri-Hotspot zum nächsten rasen und der irrigen Meinung sind, sie seien dabei so was wie gereist.