Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


SCHÖNBERG150 Ein breites Programm im Jubiläumsjahr

Arnold Schönberg zu Gast bei der Funkstunde A. G., Berlin 1926 © Arnold Schönberg Center, Wien

Arnold Schönberg zu Gast bei der Funkstunde A. G., Berlin 1926 © Arnold Schönberg Center, Wien

Die Schule des Hörens unbekannter Musik hinter einem prominenten Namen

Am 13. September 1874 wurde Arnold Schönberg in Wien geboren und starb als Arnold Schoenberg am 13. Juli 1951 in New York. Es fällt auf, dass die Zahl 13 die Eckdaten eines Mannes bestimmte, der ein Leben lang unter Triskaidekaphobie, der abergläubischen Angst vor dieser Zahl, litt – und das bei einem vielseitigen Genie, das neben beachtlichen malerischen Versuchen und technischen Erfindungen die Musik so wesentlich wie kaum ein anderer Komponist bzw. Theoretiker revolutionierte. Schönberg löste sich radikal von der Tonika, dem in der abendländischen Musik bis dahin unverrückbaren Fundament der Harmonie. Dazu brauchte es Mut. Die Ohren des Publikums waren damals keineswegs gewillt, Zwölftonreihen oder die Chromatik serieller Musik ohne Widerstand eindringen zu lassen. Das „Watschenkonzert“ im Musikvereinssaal am 31. März 1913 ist mehr als eine Anekdote. Nach eigenen und Werken von Anton von Webern, Alexander von Zemlinksy und Alban Berg kam es zum Skandal, gallig kommentiert von Oscar Straus, dass das Klatschen der Ohrfeigen noch das Melodiöseste dieses Abends gewesen sei.

 

Abgesehen von frühen Kompositionen wie beispielsweise „Verklärte Nacht“ ist tatsächlich nur wenig von Arnold Schönberg in den Konzertprogrammen zu finden.

Das soll sich im Jahr 2024 grundlegend ändern. Ausgehend vom Arnold Schönberg Center in Zusammenarbeit mit Verantwortlichen der Musikszene Wiens wie Bernhard Günther von Wien Modern wurde ein dichtes Programm erarbeitet, das als „Schule des Hörens“ Schönberg und seiner Musik neues Leben einhaucht. Musikverein, Konzerthaus und das ASC (Arnold Schönberg Center) sind nur einige der Orte, in denen seine Kompositionen von namhaften Interpreten umgesetzt werden. Mehr als Neugier ist gefragt, wenn Franz Welser-Möst mit den Wiener Philharmonikern im Februar mit Schönbergs Variationen für Orchester op. 31 den berühmten Wunsch von Arnold Schönberg überprüft, ob „man meine Melodien kennt und nachpfeift.“

Box mit Zwölftonreihen zu »Moses und Aron« handgefertigt von Arnold Schönberg © ASC

Box mit Zwölftonreihen zu »Moses und Aron« handgefertigt von Arnold Schönberg © Arnold Schönberg Center, Wien

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Arnold Schönberg: Die Beiden Text: Hugo von Hofmannsthal 1899

ARNOLD SCHÖNBERG & JUNG WIEN geballtes Kulturschaffen

Ausstellungsansicht © Hertha Hurnaus

Der Komponist im Verband mit literarischen Lumpen

Am 3. Dezember 1898 fand die Uraufführung des Schauspiels „Die Lumpen“ im Carltheater in Wien statt. Autor des Stücks war Leo Hirschfeld, der darin kaum unkenntlich gemacht, die noch jungen Kulturschaffenden seiner Zeit auf die Bühne gestellt hatte. Ort der Handlung war, wie sollte es anders sein, ein Literatencafé, in dem die Bohème der Kreativen ihre Tage und vor allem Nächte verbrachte. Es soll ziemlichen Beifall für diese Komödie gegeben haben, der aber von den Freunden des Autors gegeben worden war, die sich wiedererkannten und bei der Premierenfeier mit Champagner auf die Zensur anstießen, deren Bericht keinerlei Beanstandungen enthielt. Unter diesen Lumpen befand sich auch ein junger Komponist namens Arnold Schönberg, dessen „Musikalischem Verein Polyhymnia“, wie es heißt, ebenfalls gehuldigt wurde.

 

Mit dieser Anekdote steigt der Besucher in eine Ausstellung im Arnold Schönberg Center ein (ARNOLD SCHÖNBERG & JUNG-WIEN bis 29. Juni 2018), um in der Folge in das Kulturgeschehen von Wien um die Jahrhundertwende einzutauchen. Beherrscht wurde es von heute großen Namen, unter anderem auch von Hermann Bahr, Schriftsteller, Dramatiker, aber genauso Literatur- und Theaterkritiker. Die Stimme des Mentors fand Gehör, auch bei den Jungen, die sich damals im Café Grinsteidl unter dem Namen Jung-Wien versammelten.

Arnold Schönberg Mathilde Schönberg Sammlung der Universität für angewandte Kunst Wien

Nachdem dieser traute Ort des Schaffens abgerissen worden war, musste man, begleitet von den bissigen Kommentaren eines Karl Kraus, umsiedeln. Der Umschlag der Streitschrift „Die demolirte Literatur“ ist ebenso zu sehen wie die Noten des Liedes „In hellen Träumen hab ich Dich oft geschaut“, das Schönberg zu einem Text des Jung-Wieners Alfred Gold komponiert hatte. Immer wieder trifft man auf die Handschrift von Arnold Schönberg, der des vielen Notenschreibens vielleicht überdrüssig 1909 eine Notenschreibmaschine konstruierte. Gezeigt wird die Blaupause des Plans, der leider nie verwirklicht wurde.

 Arnold Schönberg Payerbach, 1901

Eingebettet in das pulsierende Kulturgeschehen Wiens dieser Zeit ließ sich Schönberg auch über die Grenzen der Musik hinaus locken. Er verfasste Bühnentexte und begann sogar zu Malen, alles aus Selbststudium heraus, was dennoch zu durchaus respektablen Ergebnissen führte. Überzeugen kann sich der Besucher davon anhand von Beispielen wie dem Porträt seiner Frau Mathilde oder das frappierend an einen Affen erinnernde Gesicht mit dem Titel „Satire“, das Karl Kraus gewidmet war.

Mit diesem Virtuosen der messerscharfen Pointen, der nach eigener Aussage musiktaub war, verband den Komponisten lebenslange Hochachtung, die jedoch keineswegs kritiklos war. In winzigen Notizen hielt der regelmäßige Leser der Fackel seine Meinung zu Kraus fest, mit dem Tenor, dass Schönberg Karl Kraus in stilistischen Fragen Maßgebliches zu verdanken hatte. Schönbergs Farbenkasten ist ebenfalls noch erhalten und einige Ausgaben von Spielkarten, die Schönberg für seine Freunde gestaltet hatte.

Über einen der großen Komponisten seiner Zeit schrieb 1912 Schönberg als Nachruf: „Gustav Mahler war ein Heiliger. Jeder, der ihn nur einigermaßen kannte, muß das gefühlt haben.“ Seine Trauer drückt sich in der Komposition des Klavierstücks op. 19/6 aus, das mit 7. Juni 1911 datiert ist. Schönberg war damals noch keineswegs berühmt. Er war Teil von Jung Wien, von dem viele Mitglieder ihren Platz im großen Betrieb noch suchten. Erst am 23. März 1913 fand im Musikverein die umjubelte Uraufführung von Schönbergs Gurre-Liedern statt, allerdings gefolgt von einem veritablen Skandal am 31. März desselben Jahres, als Werke von ihm gemeinsam mit Kompositionen von Mahler, Zemlinsky und Webern zur Aufführung gelangen sollten. Ein paar Tage davor hatten sich Schönberg, Berg und Webern in der von Adolf Loos gestalteten Villa Steiner zusammen gefunden. In das Gästebuch, das ihnen von Lily Steiner vorgelegt worden war, hat Schönberg einige Takte der Kammersymphonie op. 9 geschrieben, als würdigen Eintrag zwischen mehr als 550 Unterschriften, die unter anderem von Peter Altenberg, Josef Frank, Karl Kraus, Adolf Loos und Egon Schiele stammen.

Koloman Moser Hermann Bahr Wien Museum
Arnold Schönberg Center 400

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