Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Weinblätter im Herbst

STEINFEDER GNEIS + LÖSS 2022 Der legendäre junge Grüne Veltliner

Das barocke Kellerschlössel als Wahrzeichen der Domände Wachau

Ein vielversprechender Vorbote aus der Wachau: knackig, frisch, fruchtig und voller Charakter

Man weiß es ja, dass die Domäne Wachau eines der besten Weißweingüter nicht nur Österreichs, sondern der ganzen Welt ist. Trotzdem tut es gut, wenn man es schriftlich in der Hand hat, wie von WORLD´S BEST VINEYARS, wo die Jury die Domäne unter die Top 20 gereiht hat. Ausschlaggebend waren neben der Qualität der Weine die Bekanntheit und die touristische Performance. In einem Weltkulturerbe wie der Wachau sind derlei Voraussetzungen eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das Terroir ist unverwechselbar und die Domäne ein verlässlicher Ausgangspunkt zu den zahllosen Attraktionen dieses wunderschönen Stücks Donautal. Wen wundert es dann noch, wenn der „Wirtshausführer“ als kulinarische Institution diese Gemeinschaft aus 250 Winzerfamilien zum Weingut des Jahres ernennt.

Putto beim Kellerschlössel

Putto beim Kellerschlössel

Die Steinfeder 2022 Gneis + Löss, Etikett © Domäne Wachau

Die Steinfeder 2022 Gneis + Löss, Etikett © Domäne Wachau

Es darf also gefeiert werden! Wie wäre es mit einem Glas Steinfeder?! Verlässlich hat sie den Jahrgang 2022 eröffnet. Die Attribute Gneis & Löss machen diesen Youngster unter den Grünen Veltlinern zu einem typischen Wachauer, zu einem Spiegel des besonderen Mikroklimas, das eine Bandbreite vom leichten Trinkgenuss bis zum extrem spät gelesenen Smaragd ermöglicht. Nach einem, heißen trockenen Sommer bescherte der September den Terrassen immer wieder Regenfälle, die jedoch im Oktober sonnigen Tagen wichen und eine langsame, aber perfekte Reife der Trauben zeitigten. Der Vorbote dieses letztlich geglückten Jahrgangs ist mittlerweile in der Flasche. Beschreiben lässt sich die Steinfeder 2022 als frisch-fruchtiger Wein mit den typischen Aromen seiner Sorte, die das wären: Apfel, Zitrus, Stachelbeere und Pfeffer. Die Säure ist wie immer keck (6,6 ‰), hemmt aber in keiner Weise den Trinkfluss und entspricht voll und ganz dem Namensgeber dieses federleichten Jungweins (11,5 %), der Stipa Pennata, dem mit seinen weißen Büscheln auffälligen Gras in den steilen Weinbergen und auf den Hüten der Wachauer Winzer.

Domäne Wachau: mehr als ein Top-Weißweingut

Vielseitige Nachhaltigkeit für die Zukunft der Wachau

„Es gibt nichts Schöneres, als wenn du eine Heimat herzeigen kannst und die Leute sind begeistert“, schwärmt Heinz Frischengruber. Der „Technical Director“ der Domäne Wachau ist gebürtiger Rührsdorfer, also geborener Wachauer und innig mit seinem „Arbeitsplatz“, den einzigartigen Weinrieden der Wachau, verbunden. Nach Ausbildung und Studien, die ihn bis Geisenheim geführt haben, ist er über den Umweg durch die weite Welt des Weines 2005 wieder heimgekehrt, um hier im Team mit Mag. Roman Horvath (Weingutsleiter seit 2004 und seit 2009 Master of Wine) die Genossenschaft Freie Weingärtner zum Top-Weißweingut Domäne Wachau zu führen.

 

Als Önologe ist Frischengruber für die Mitgliederbetreuung zuständig, das heißt mit 250 Winzerfamilien zusammenzuarbeiten und mit ihnen gemeinsam im Sinn ihres Weingutes letztlich die Philosophie der Domäne zu verwirklichen. Gemeint ist damit extrem hohes Qualitätsniveau im Weingarten und im Keller, das durch einen ansehnlichen Preis für die Trauben bedankt werden kann, der seinerseits wiederum als Motivation für viele kleine Weinbauern dient, doch die Plackerei auf den mühsam zu bearbeitenden Terrassen weiterhin auf sich zu nehmen.

Fotos zum Vergrößern anklicken

l.g.o.: Das barocke Kellerschlössl, Wahrzeichen der Domäne Wachau

l.o.: Ein Büscherl Steinfeder im Kostraum der Domäne

l.u.: Herbstliche Stimmung am Kellerberg

l.g.u.: Wunderschöne Fassböden im Keller der Domäne

l.g.g.u.: Die Domäne, mit der Bahn bestens erreichbar

r.o.: Roman Horvath, Weingutsleiter seit 2004 und seit 2009 Master of Wine

r.u.: Heinz Frischengruber, Technical Director der Domäne Wachau

Leiste: Putto am Kellerschlössl (in der Vergrößerung: Groteskfigur auf einem Bild im Inneren des Schlössls)

Zusammengefasst bedeutet das: Nachhaltigkeit auf vielen Seiten. Provokant könnte man fragen, ob ohne die Domäne die Wachau noch die Wachau wäre. Derzeit ja, aber was ist mit der Zukunft? Heinz Frischengruber ist überzeugt: „Wir können zuversichtlich in die nächsten 100 Jahre schauen“, weil bereits jetzt naturnahe gearbeitet wird, mit schonendem Pflanzenschutz, aber auch Landschaftspflege betrieben wird. Die in Trockenbauweise aufgeschichteten Mauern sind zwar ein ständiger Risikofaktor, aber immerhin wesentlicher Teil des Weltkulturerbes. Eine Wachau ohne Terrassen? Unvorstellbar!

 

Als Weingut ist die Domäne Mitglied der Vinea, oder genau gesagt, der Vinea Wachau Nobilis Districtus, bekannt für ein überaus strenges Regelwerk, aufgezeichnet im Codex Wachau, der Charta des reinen Weines. Steinfeder, Federspiel und Smaragd sind die drei Marken und gleichzeitig die Garantie für absolut naturbelassenen Wein aus der Wachau, ohne jede Anreicherung oder künstliche Konzentrierung und ohne jede Aromatisierung (Barriqueeinsatz oder Holzchips) usw., also durchwegs Verfahren, die vom Weingesetz zugelassen sind, und zuletzt: strengstes Herkunftsprinzip: ausschließlich in Flaschen abgefüllter Wein aus dem Weinbaugebiet Wachau.

 

Von der Domäne aus sieht man die Steinfeder blühen, auf der aufgelassenen Riede „Küss den Pfenning“, einem Trockenrasen mit seltener Flora und Fauna. Im Keller der Domäne, einem historischen Gewölbe aus 1719, das aber nicht zuletzt durch seine Größe (250 Meter lang) bis heute seine Funktion bestens erfüllt, lagert ebenfalls die Steinfeder, der leichteste der drei Vinea-Weine. Neben ihm wird von Grünem Veltliner und Riesling das Federspiel gekeltert, ein frischer Wein, den man, so Frischenschlager, „zu jeder Tages- und Nachtzeit trinken kann, waagrecht, senkrecht, wie es dir halt geht.“

 

Der König der Wachau ist der Smaragd; nicht der Edelstein, sondern die farbenprächtige Smaragdeidechse, die sommers über die heißen Mauern der Weingärten huscht. In der Domäne ist dieser Adel den großen Lagenweinen vorbehalten, wie dem Kellerberg, einer Riede unmittelbar hinter dem Kellerschlössl, einem barocken Kleinod, das im Auftrag des Abtes Hieronymus Übelbacher von Jakob Prandtauer erbaut wurde. „Wein ist alles, und Wein ist über alles“ war der Leitspruch dieses lebensfrohen Prälaten, und sein Motto hat für die Domäne seine Gültigkeit behalten, aber nicht nur für sie, sondern für alle Winzer dieser traumhaften Gegend, wie auch Heinz Frischengruber bestätigt, „denn auf die Wachau passt jeder auf! Da halten wir zusammen.“

 

Katzensprung: Wiederauferstehung einer Legende

Ein Wein erzählt Geschichte

Wir Österreicher verdanken unsere Freiheit möglicherweise einem Grünen Veltliner. Am Bankett zum Staatsvertrag 1955 wurde der „Katzensprung“, ein Grüner Veltliner aus der Wachau, Jahrgang 1954, ausgeschenkt, nachdem nach gründlicher Verkostung Leopold Figl diesen Wein zu seinem Lieblingswein und damit für „staatsvertragstauglich“ erklärt hatte – was rückblickend betrachtet alles andere als ein Zufall war.

 

Überliefert sind nächtliche Besuche des damaligen Außenministers im Kellerschlössel der heutigen Domäne Wachau in Dürnstein, nämlich immer dann, wenn die Verhandlungen um den Staatsvertrag ins Stocken geraten waren. Das zementharte russische „Njet“ sollte durch einen guten Schluck Wein aufgeweicht werden. Figl verfügte über den Kellerschlüssel und machte davon reichlich Gebrauch. Im Keller der Domäne Wachau wird bei Führungen noch der Tisch gezeigt, an dem bei solchen Gelegenheiten gebechert wurde.

Katzensprung ist eigentlich der Name eines kleinen, steilen Weingartens, der im Laufe der folgenden Jahrzehnte jedoch weitgehend aufgelassen wurde. Gleichermaßen hatte auch der „Katzensprung“ an Bedeutung verloren. Jüngeren Generationen von Weinfreunden war er bestenfalls bekannt als Billigmarke oder seit 2005 vielleicht ein historischer Begriff. Anlässlich 50 Jahre Staatsvertrag wurde von den (damals noch) Freien Weingärtnern Wachau ein „Katzensprung“ dem originalen 54er nachempfunden und als Jubiläumswein angeboten.

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g.o.r.: Die romantische Wachau-Stadt Dürnstein mit dem Burgweingarten

r.o.: Das barocke Kellerschlössel, wo Leopold Figl die Staatsvertragsverhandlungen mit einem guten Glas Wein in Schwung brachte

l.: Ein steiler Weingarten mit Terrassen, ähnlich dem "Katzensprung"

l.u.: Smaragdeidechse, das "Wappentier" der Vinea Wachau. Der Katzensprung ist allerdings eine Steinfeder.


 

Seine nunmehrige nachhaltige Wiederauferstehung verdankt der „Katzensprung“ dem ausgezeichneten Jahrgang 2011. „Natürlich in neuer und attraktiver Aufmachung“, wie Roman Horvath, Master of Wine und Leiter des Weingutes Domäne Wachau, versichert: „Die Trauben stammen aus den umliegenden Rieden des Original-Katzensprungs und ergeben einen leichten, glasklaren Wein, eine Steinfeder-Selektion, trocken und würzig; besser, knackiger, frischer und fruchtiger denn je.“

 

Genossen zu Seezungenfilet, Filet mit Champignons, gefülltem Huhn und Salat mit harten Eiern gewinnt der neue Katzensprung sogar seine historische Dimension als „staatstragender“ Wein zurück. Genau dieses Menü wurde seinerzeit am Bankett den hohen Gästen der vier Besatzungsmächte serviert, nachdem deren Außenminister ihre Unterschrift unter unseren Staatsvertrag gesetzt hatten und Figl verkünden durfte: „Österreich ist frei!“

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