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VON BISCHOFSSTAB BIS BESENSTIEL Jeder Mensch könnte heilig werden

Von Bischofsstab bis Besenstiel Cover 900

365 Vorbilder christlichen Lebens pointiert vorgestellt

Üblicherweise weiß man seinen Namenstag. Aber nicht immer steht dieser im Kalender. Die 365 bzw. 366 Tage des Jahres sind mehrfach besetzt und manche prominente Heilige lassen sich eben nicht von der ersten Stelle verdrängen. So findet sich am 24. Juni verlässlich Johannes der Täufer, um den Termin für Johannisfeuer und Johannisnüsse anzugeben. Dass an diesem Tag auch Erembert von Kremsmünster oder Maximilian Binkiewicz gefeiert werden, ist ebenso unbekannt wie Katharina Labouré am Tag von St. Silvester, der uns mit lautem Knallen und sprudelndem Sekt aus dem alten in ein neues Jahr hinüber begleitet. Sie alle aber verbindet die Tatsache, dass sie, wie es so schön heißt, zur Ehre der Altäre aufgestiegen sind. Sie wurden nach einem hochkomplizierten Prozess heilig oder zumindest selig gesprochen, nicht nur wegen der Wunder, die sich an ihrem Grab ereigneten, sondern in erster Linie aufgrund eines Lebens, das jedem Christen, oder sogar jedem Menschen in irgend einer Weise als Vorbild dienen könnte.

So heißt auch die allabendliche Sendung auf radio klassik Stephansdom „Vorbilder, die Heiligen des Tages“ und ist für treue Hörer geradezu eine Pflicht, diese paar besinnlichen Minuten vor dem Schlafengehen nicht zu versäumen. Bernadette Spitzer zeichnet als Gestalterin. Sie ist Theologin, aber auch eine ausgezeichnete Erzählerin, die komplexe Inhalte zu kurzen, oder besser kurzweiligen Beiträgen konzentrieren kann. Einen Teil ihres umfangreichen Wissens hat Spitzer nun in einem Buch festgehalten und lädt darin die Leser ein, sich im Kosmos der Heiligkeit umzusehen. Der Titel verrät bereits ein Augenzwinkern. „Von Bischofsstab bis Besenstiel“ (erschienen im Wiener Dom-Verlag) ist eine pointierte Darstellung, weit abseits von rührseligen Legenden, die uns mit 365 Heiligen durch das Jahr begleitet und damit für jeden Tag einen genüsslichen Happen aus Denkanstößen liefert.

 

Immer sind es die Menschen, die bei Bernadette Spitzer vor den Vorhang geholt werden. Teils sind es amselige Kreaturen wie auch unsereins, die es letztlich aber dennoch geschafft haben, ihr Dasein auf den Himmel hin auszurichten und dafür mit Selig- oder Heiligsprechung bedankt wurden. So schaffte Josefina Bakhita (8. Februar) den Aufstieg von der Sklavin zur Nonne, die ihre Mitmenschen mit Bescheidenheit gewann. Ein anderes Kaliber war Konrad Confalonieri (19. Februar), der zuerst in seiner Jagdleidenschaft Felder, Scheunen und Häuser der Bauern in Brand steckte und vernichtete, um später „Vom Feuer der Buße“ geläutert zum frommen Einsiedler zu werden. Die Kurzbiographien zeigen auch das Gedächtnis der Kirche, in dem auch ewig anmutende Zeiträume nicht zum Vergessen führen. „Der Unruhestifter“ Hilarius von Poitiers (13. Jänner) lebte im 4. Jahrhundert, die von den Wirren des Arianismus geprägt waren, um 1851 von Papst Pius IX. zum Kirchenlehrer ernannt zu werden. Bei etlichen der Heiligen finden sich auch Bezüge zu Österreich, quasi als Beweis, dass es diesbezüglich mit uns Älplern nicht so schlecht steht. So naschen wir mit Vergnügen Ildefonso und sollten beim Auswickeln dieser Süßigkeit einen Gedanken daran verschwenden, dass dieser Nougatwürfel in Wien erfunden wurde und an Ildefons von Toledo (23. Jänner) erinnert, einen Heiligen, dem im Kunsthistorischen Museum ein von Peter Paul Rubens gemalter Altar gewidmet ist. So ist auch zu erfahren, dass es nahezu für alles auf dieser Welt einen Patron gibt. Der Dichter und Gelehrte Prosper Tiro von Aquitanien (23. Juni) schaffte es, Bayerischer Bierheiliger zu werden, zumindest für das Starkbier, das in der Fastenzeit, oder wie man in Erding bei München sagt, in der Prosperzeit das Essen ersetzen sollte. Namen anderer Heiliger finden sich auf Asteroiden oder im Verzeichnis gefährlicher Viren. St. Corona (14. Mai) wurde seit jeher als Helferin in Epidemien um ihre himmlische Fürsprache angefleht und dürfte als Jahresheilige 2020 diesbezüglich groß im Einsatz sein.

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