Kultur und Weindas beschauliche MagazinAlexander Wächter als Thomas Bernhard in „Wittgensteins Neffe“
Nebenbei erfährt man, dass die steinreiche Familie Wittgenstein beide gleichermaßen abgelehnt hat, den großen Lehrer in Cambridge und den Opernnarren Paul, der in der Diktion von Bernhard seine Geisteskräfte bei den Fenstern seines Kopfes hinausgeworfen hat. Der einzige Unterschied: Der eine hat sein Gehirn publiziert, der andere praktiziert.
Zugegeben, es nimmt sich auf den ersten Blick nicht gerade wie ein Reißer aus, sich mit Thomas Bernhard und einem unbekannten Spross der Wittgensteins auseinander zu setzen. In der Aufmachung des Theaters am Franzjosefskai wird diese tief empfundene Lebensbeichte des begeisterten „Nestbeschmutzers“ und Misanthropen Bernhard jedoch zu einer Bekanntschaft mit zwei Menschen, die man gerne auch persönlich gekannt hätte. Selten trifft man interessantere Leute als in diesem Stück. Stück? Was macht den Unterschied einer literarischen Lesung zum dramatisch in Szene gesetzten Text aus? Kurz gesagt: Der Schauspieler Alexander Wächter, der trotz Textblätter in der Hand zu Thomas Bernhard wird. Er schafft es, zwei Gestalten wieder lebendig zu machen, eben den lungenkranken Dichter und den Verrückten, der seiner Welt so viel mehr zu sagen hatte, als man von ihm zeitlebens wissen wollte. Mit Thomas Bernhard, in diesem Fall mit Alexander Waechter, hat er die Stimme gefunden, auf die man begeistert hört. Es sind die warmherzigen Liebeserklärungen an Lebensmenschen und dazu die ätzenden Kommentare zu zeitlosen Kulturumtrieben, die man bei Bernhard liebt, und die von seinem Freund Paul Wittgenstein im einzig passenden Wort zusammengefasst wurden: „grotesk!“ Statistik |