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Panzani in Chianti: Il Molino di Grace und die Erfüllung eines Traumes

Das Windrad dreht sich wieder

Zwei Riesen schleppen auf einer Stange eine riesige Weintraube. Die beiden Traubenträger, ein Werk des deutschen Künstlers Silvester Antony, begrüßen den Ankommenden bereits am Tor. Als mächtige Skulptur stehen sie auch vor der Villa und sie zieren die Etiketten auf den Flaschen der Tenuta Agricola Il Molino di Grace. Es mag verwundern, dass sich dieses biblische Symbol aus dem Alten Testament in der Toskana wiederfindet. Den Grund dafür weiß Gerhard Hirmer, Geschäftsführer und Mitbegründer von Il Molino di Grace: „Wie Israel das Gelobte Land für die Juden war, so ist hier das Gelobte Land für uns.“

 

Das heißt für den Deutschen Hirmer, der in jungen Jahren erfolgreich Banker war, dass er sich den Traum vom Weingut in der Toskana erfüllen konnte. Nach einem kurzen Umweg über eine Galerie für Gegenwartskunst im nahen Greve in Chianti fand er zum Wein und erwarb mutig sieben Hektar Weingärten. Den idealen Partner traf er in der Person des amerikanischen Unternehmers und ebenfalls toskanischen Weinbergbesitzers (drei Hektar) Frank Grace. Als gemeinsames Weingut bot sich ein Anwesen nahe dem Ort Panzano in Chianti an, 30 Hektar Land mit Weinbergen, vielversprechender Brache und der Ruine eines Hauses.

o.: Gerhard Hirmer

u.: Skulptur vor dem Weingut

o.: Detail der Traubenträger von Silvester Antony

u.: Stahltanks in der Cantina

Den Namen hat das Weingut von einer Windmühle, die sich hier befunden hatte und die nun wieder errichtet wurde, genauso wie das Gebäude, von dem nur die Außenmauern gestanden waren. Dazwischen hatte der Wald gewuchert. Er wurde gerodet und das Gebäude wieder aufgebaut, außen mit junger Kunst geschmückt und innen als Cantina eingerichtet. 2002 kam der erste Wein auf den Markt. 2003 folgte die erste Anerkennung – verliehen von keinem Geringeren als Gambero Rosso mit „Tre Bicchieri“ und dem Titel „Aufstrebendes Weingut des Jahres“.

 

Das also ist das Ergebnis, wenn ein Deutscher und ein Amerikaner, beide erfolgreiche Geschäftsleute, gemeinsame Sache machen. Es gibt zwar einen Kellermeister und als Berater den Önologen Franco Bernabei. Der endgültige Stil des Weines wird aber von Grace und Hirmer vorgegeben. „Wir wollen ausdrücklich Weine, die elegant sind, die nicht zu viel Holzcharakter in Geschmack und Nase aufweisen“, definiert Hirmer seine Philosophie, „außerdem wollen wir ernsthaft einen Wein erzeugen, der genau dem Boden entspricht, auf dem er wächst.“

 

Der Schwerpunkt liegt selbstverständlich auf Chinati Classico D.O.C.G. Die Riserva kommt aus älteren Weingärten, und von diesen Trauben gelangen wiederum nur die besten in die Riserva Auslese. Übertroffen wird die Auslese nur mehr von Gratius, dem Super Tuscan mit 100% Sangiovese aus einer Einzellage. Hirmer gerät ins Schwärmen: „Mit 70jährigen Weinstöcken, sehr steil, bestens belüftet und damit keine Gefahr von Pilzbefall. Die Trauben können wir daher länger als in anderen Weinbergen am Stamm lassen. Der Boden hat nur wenig Erde. Darunter ist der Galestro, der Felsen, aus dem die Wurzeln eine Fülle an Mineralien absorbieren.“

Gerhard Hirmer ist Quereinsteiger, weiß jedoch genau Bescheid, was zu tun ist, um Weine in höchster Qualität zu erhalten und auch weltweit zu vermarkten zu können. Trotzdem gibt er zu: „Wenn jemand beim Weinmachen sagt, er weiß schon alles, dann soll er gleich damit aufhören. Es gibt niemanden, der alles weiß. Jedes Jahr lernt man dazu. Wer Formeln benützt, kann keinen großen Wein machen. Es gibt keine Formel, die jedes Jahr aus dem gleichen Weinberg den gleichen Wein macht.“

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