Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


L´Orontea, Ensemble © Herwig Prammer

L´Orontea, Ensemble, Gabriel Diaz, Hilary Cronin © Herwig Prammer

L´ORONTEA Vorsicht vor tief fliegenden Liebespfeilen

L´Orontea, Ensemble © Herwig Prammer

L´Orontea, Ensemble © Herwig Prammer

Ein Dramma per musica mit viel Humor und Amore als Zeitreise in die Gedankenwelt des Barock

Von Venedig aus geht die Fahrt nach einem kurzen Prolog nach Ägypten. In dieser ersten Szene streiten sich die tugendvolle Philosophie und Gott Amor, wer von ihnen bei der Menschheit die größere Bedeutung habe. Als Schauplatz der Entscheidung wird der Hof von Königin Orontea, einem überzeugten Single, ausgewählt. Sie will sich nicht von der Liebe beherrschen lassen, obgleich ihr Leibphilosoph Creonte auf eine standesgemäße Eheschließung drängt. Mit der Ankunft des Malers Alidoro und dessen Mutter Aristea setzt jedoch Amors tolles Treiben ein. Mit seinen Pfeilen verwirrt er zuerst die Gefühle der Königin, um in der Folge den gesamten Hofstaat in ein veritables Liebeschaos zu stürzen. Standesdünkel haben darin ebenso ihren Platz wie Skrupel um eine alleinregierende Frau. Giacinto Andrea Cicognini hat dazu das Libretto geschrieben und nicht an Gags und heiterer Ironie gespart. Vertont wurde diese Version von Antonio Cesti, der ursprünglich Franziskaner und später über Innsbruck und Rom als Kapellmeister am Hof von Kaiser Leopold I. tätig war, bevor er dem von seinen Opern geforderten Prunk den Rücken kehrte und wieder nach Italien ging, wo er auch aus Venedig Aufträge aufnahm.

Alexander Strömer, Ensemble © Herwig Prammer

Alexander Strömer, Ensemble © Herwig Prammer

Maria Ladurner, Johannes Wieners © Herwig Prammer

Maria Ladurner, Johannes Wieners © Herwig Prammer

Wenn Mitglieder der lautten compagney BERLIN (Leitung von Wolfgang Katschner) in die Kammeroper einmarschieren, wird das Publikum mit dem Schlag des Tamburins unvermittelt in das 17. Jahrhundert versetzt. Da stören auch die Ruderleiberln der Gondoliere nicht, denn bald darauf erscheinen auf der Bühne projizierte Palmen und in einem Fantasie-Ägypten die in Gold gewandete Hilary Cronin als Königin Orontea. Nach augenzwinkernder Beteuerung, alleine, also ohne Ehemann, regieren zu wollen, erscheint Creonte und versucht sie umzustimmen. Der selbe Darsteller wird in der Folge zum Diener, der dem Wein seine Liebe (in Deutsch) erklärt. Alexander Strömer ist Bassbariton und wird als Gelone zum derben Spaßmacher, aber letztlich zum wahren Weisen, der alle Verwicklungen zu durchschauen vermag.

Maria Ladurner, Therese Troyer © Herwig Prammer

Maria Ladurner, Therese Troyer © Herwig Prammer

Alexander Strömer, Stephen Chaundy © Herwig Prammer

Alexander Strömer, Stephen Chaundy © Herwig Prammer

Vom roten Pfeil Amors wird nicht nur Orontea getroffen, als Alidoro (Countertenor Gabriel Diaz) als unbekannter Fremder auftaucht, was diese ob dieser scheinbar standeswidrigen Gefühle jedoch in ärgste Bedrängnis bringt. Das spitze Herz sticht auch die hübsche Silandra. Sopranistin Maria Ladurner führt mit dem Counter Johannes Wieners als fescher Corindo ein On-Off-Beziehung.

Mit reizender Unschuldsmiene und durch verführerisches Abwerfen ihres Reifrocks kehrt sie zu ihm zurück, nachdem sie von Alidoro zurückgewiesen wurde. Der Maler hätte vom Soldaten Ismero ermordet werden sollen. In dessen Rüstung steckt jedoch die als Mann verkleidete Giacinta (Therese Troyer) und damit ein weiteres Opfer des gewissenlosen Bogenschützens Amor. Auch sie verzehrt sich nach Alidoro, muss sich aber vor den Nachstellungen seitens Aristeas retten. Stephen Chaundy ist im späten Liebeswahn der Mutter umwerfend komisch, aber auch freigiebig. Die von ihm für einen Kuss gespendete Medaille klärt schließlich alles auf. Regisseur Tomo Sugao hat dem Humor viel Platz eingeräumt und organisch Barock mit Heute gemischt. Die Gestik des Ensembles wirkt, anders als zur damaligen Zeit üblich, beinahe schon spontan und wenn Silandra und Corindo in ihrer Eitelkeit Selfies machen, ist das kein spürbarer Bruch, sondern einfach Teil des Spaßes, von dem diese dem Gott Amor geweihte Oper getragen wird.

Johannes Wieners, Hilary Cronin © Herwig Prammer

Johannes Wieners, Hilary Cronin © Herwig Prammer

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