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RAFFAEL GOLD & SEIDE Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

RAFFAEL GOLD & SEIDE Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

RAFFAEL GOLD & SEIDE Die Revolution des Tapisseriedesigns

RAFFAEL GOLD & SEIDE Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

RAFFAEL GOLD & SEIDE Ausstellungsans. © KHM-Museumsverband

Malerei der Renaissance und flämische Handwerkskunst zusammengeführt in höchster Vollendung

Papst Leo X. (1475-1521) aus dem Hause der Medici wollte seinen Vorgängern betreffend die Sixtinische Kapelle nicht nachstehen. Bauherr Sixtus VI. hatte ihr seinen Namen gegeben und Clemens VII. Michelangelo für die berühmten Fresken engagiert. Der Kunstsinnigkeit dieser drei Päpste verdanken wir das Vatikanische Wunder, wobei Leo zu einer Kunstform griff, die enormes Renommee versprach und einen im wahrsten Sinn des Wortes „glänzenden“ Beitrag zur Repräsentations- und Festkultur ihrer Zeit darstellte. Tapisserien ermöglichten einerseits mit ihrer unvorstellbar aufwändigen Herstellung, andererseits durch die darauf dargestellten Szenen wirksame Propaganda, sowohl in höchsten kirchlichen Kreisen als auch in betuchten Adelshäusern. Für die Sixtina sollte Raffaello Sanzio da Urbino, kurz Raffael (1483-1520), eine zehnteilige Serie mit Darstellungen des Lebens und der Wundertaten der Apostel Petrus und Paulus entwerfen. Geplant waren Monumentalgemälde aus Stoff- und Edelmetallfäden, für deren Umsetzung die Brüsseler Manufaktur des Peter van Aelst gerade gut genug war. Entstanden sind wahrhafte Innovationen, sowohl von ihrem künstlerischen Ausdruck her als auch in handwerklicher Meisterschaft, die sich an den revolutionären Vorlagen in ihrer Technik weiterentwickeln musste.

Die Predigt des Paulus in Athen © KHM-Museumsverband
Die Schule von Athen © KHM-Museumsverband

o.: Die Schule von Athen Serientitel: Tapisserien nach Fresken Raffaels im Vatikan Entwurf: Raffaello Sanzio da Urbino, gen. Raffael (1483–1520), 1509/11 © KHM-Museumsverband

l.: Die Predigt des Paulus in Athen Serientitel: Szenen aus der Apostelgeschichte Entwurf: Raffaello Sanzio da Urbino, gen. Raffael (1483–1520) und Werkstatt, um 1515/16 © KHM-Museumsverband

Sechs dieser Tapisserien sind nun als Auftakt der Auge und Gemüt beeindruckenden Ausstellung „RAFFAEL GOLD & SEIDE“ (bis 14. Jänner 2024) zu erleben. Sie waren und sind eine Sensation, die schon kurz nach ihrer Entstehung sowohl im flämischen Norden als auch von italienischen Malern als Inspiration entdeckt und weiterentwickelt wurden. Es folgen also Werke von Barend van Orley (1488-1541) mit „Romulus und Remus“, die „Sieben Tugenden“ von Michiel Coxcies (um 1499-1592) und deren Gegensatz, die „Sieben Todsünden“ von Pieter Coecke van Aelst (1502-1550), allesamt lehr- und moralreiche Darstellungen.

Nach einer informativen Tour durch die Kabinette, in denen u. a. Skizzen, Details der extrem mühsamen Herstellung und dazu ein kurzer Film geboten werden, steht man vor den Kettfäden eines überdimensionalen Webstuhls (Design: Michael Embacher und Constantin Schweizer). An ihnen festgemacht ist „Die Schule von Athen“, ein Prunkstück der Kunstkammer des Museums, datiert mit 1765. Unter die Schar der angeregt disputierenden Philosophen hat sich auch der Künstler Raffael mit einem Selbstporträt gemischt, allerdings bereits in einem Fresko in der Stanza della Segnatura im Vatikan. In dem zur Ausstellung erschienenen Buch wird spannend beschrieben, warum und vor allem wie dieses Gemälde im Textil umgesetzt werden sollte. So stand für die Kopisten nur ein (sonniger) Tag in der Woche zur Besichtigung zur Verfügung. Aber für König Ludwig XIV. war kein Aufwand zu groß, um mit dieser Tapisserie in Versailles seine Gleichstellung mit dem Papst in Rom und damit die gleiche gottgewollte Autorität zu suggerieren. Staunen und Bewundern ist jedoch der ganzen Schau immanent, die von Kuratorin Katja Schmitz-von Ledebur mit spürbarem Engagement gestaltet wurde.

Der Neid Serientitel: Die sieben Todsünden Hans Burgkmair d. Ä. © ALBERTINA, Wien

Der Neid Serientitel: Die sieben Todsünden Hans Burgkmair d. Ä. (1473–1531) Um 1510 Holzschnitt Albertina, Wien © ALBERTINA, Wien

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