Kultur und Weindas beschauliche MagazinMichaelina Wautier, Die fünf Sinne © KHM-Museumsverband MICHAELINA WAUTIER Späte Ehre für eine Barockkünstlerin
Kunsthistoriker konnten sich über Jahrhunderte lang nicht vorstellen, dass ein Kolossalwerk wie „Der Triumph des Bacchus“ von zarter Frauenhand gemalt worden sein könnte. Bis weit in das 20. Jahrhundert wurden mögliche männliche Schöpfer vermutet, unter anderem Schüler von Rubens. Im 17. Jahrhundert hatten an sich nur Männer die Möglichkeit, Geschlechtskollegen als nackte Modelle zu studieren. Es gab auch begabte Damen, die sich jedoch eher mit dem Stillleben oder der Genremalerei beschäftigten. Aber Historienmalerei, in der sich mit Muskeln bepackte Götter und Helden herumtrieben, war doch ein Metier, das vom Künstler selbst gewaltige Kraft erforderte. Dennoch wurde entdeckt, wenn auch sehr spät, dass hinter etlichen dieser Gemälde eine Frau steckte. Ein erster Hinweis war die Signatur „Michaelina Wautier“ mit dem selbstbewussten Schriftzug „invenit et fecit“ (erdacht und ausgeführt), von dem aus die Urheberschaft einer Reihe anderer Werke sicher zugeordnet werden konnte.
Aufgrund einer mangelhaften Quellenlage war es für die Forschung alles andere als einfach, einigermaßen erschöpfend ihr Leben nachzuvollziehen. Aber das Vorhaben ist dank penibler Detektivarbeit gelungen und hat –in Kooperation mit der Royal Academy of Arts in London – eine sensationelle Ausstellung zu Michaelina Wautier und Zeitgenossen ermöglicht. Im KHM befanden sich bereits etliche ihrer Bilder, da seinerzeit der in Brüssel herrschende Habsburger Statthalter Erzherzog Leopold Wilhelm auch ihre Werke gesammelt hat, ohne jedoch dazu entsprechende Aufzeichnungen zu führen. Als einigermaßen gesichert gilt: Geboren wurde Michelle Wautier um 1614 in Brüssel und lebte dort bis 1689. Die flämische Künstlerin war die Schwester von Charles Wautier, ebenfalls Maler, der vermutlich mit ihr seine Werkstatt teilte und ihr den Zugang zu den Kreisen am habsburgischen Hof ermöglichte. Er war verheiratet, im Gegensatz zu Michaelina, wie sie sich als Malerin latinisiert nannte, die ihr Dasein zölibatär der Kunst widmete.
In der bislang umfangreichsten Schau „Michaelina Wautier, Malerin“ (bis 22. Februar 2026) sind nicht zuletzt aufgrund großzügiger Leihgaben u. a. der Österreichischen Nationalbibliothek, The Phoebus Foundation, der Königlichen Kunstmuseen Belgiens in Brüssel der dem Rijksmuseum Amsterdam 80 hochkarätige Werke und Realia in stimmungsvoller Präsentation zu bewundern.
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