Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Bay Middleton) © Stephanie Grünberger

Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Bay Middleton) © Stephanie Grünberger

Helmut Korherr ist am 17.10.2021 verstorben. Ein porduktiver Theatermann und großer Menschenkenner hat uns verlassen.

SISI Neue Enthüllungen über eine „rasende“ Kaiserin

Sisi, #die rasende Kaiserin, Ensemble © Stephanie Grünberger

Sisi, #die rasende Kaiserin, Ensemble © Stephanie Grünberger

Eine Frau, mit der man nicht verheiratet sein möchte

Helmut Korherr, Spezialist für bedeutende Menschen der jüngeren Geschichte, hat, wie auch bei all den bisher vorgestellten Gestalten, wieder ausgiebig recherchiert und das Ergebnis dramatisch, besser gesagt, für eine halbszenische Lesung aufgearbeitet. Sein „Opfer“ ist diesmal Sisi, die allzu bekannte Dame an der Seite von Kaiser Franz Joseph. In unzähligen Dokumentationen haben sich (zumeist) Historikerinnen über sie verbreitert. Es dürfte mittlerweile jeder ihrer Seufzer bis zum letzten Atemzug dokumentiert sein, ihre Schwächen und Stärken von allen Seiten beleuchtet, mit dem ambitionierten Versuch, uns jedes Mal eine neue Sisi präsentieren zu können. Überraschen kann einen nichts mehr. Und doch macht es einen Unterschied, wenn diese schillernde Persönlichkeit durch die „persona“ (Maske des griechischen Theaters, hier natürlich nur im übertragenen Sinn) einer Schauspielerin über sich selbst erzählt. Das Gezänke mit ihrem Gatten wird ebenso unmittelbar unangenehm erlebt wie das Hinsinken an der Seite eines ungarischen Magnaten oder englischen Herrenreiters keine andere Deutung zuließe als Ehebruch. Dass dem mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so war, erfährt man von Sisi selbst, die zwar Bewunderung über alles schätzte und bedingungslos einforderte, von körperlicher Liebe jedoch kaum etwas hielt. Sinnlich in gewissem Sinn wurde sie bestenfalls bei Heinrich Heine, der laut ihrer Aussage als Winzling auf ihrer Schulter saß und Gedichte in ihr Ohr diktierte.

Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Kaiser Franz Joseph) © Stephanie Grünberger

Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Kaiser Franz Joseph) © Stephanie Grünberger

Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Gyula Andrássy) © Barbara Korherr

Catherine Oborny (Sisi), Kurt Hexmann (Gyula Andrássy) © Barbara Korherr

Im KIP (Kunst im Prückel), einer kleinen Bühne mit großer Tradition, feierte am 7. Oktober 2021 „SISI #die rasende Kaiserin“ Premiere. Catherine Oborny ist eine elegante, schlanke Elisabeth, die von Weiß auf das spätere Schwarz im Kostüm wechselt und den Männern in ihrem Leben gegenüber ordentlich Haare auf den Zähnen hat. Eine solche Frau sollte man als Mann nicht mit der Feuerzange angreifen. Ihr Franz Joseph (Kurt Hexmann) kann immer nur mit hängendem Kopf abziehen, wenn sie den ihren ohne Rücksicht auf seine Gefühle durchsetzt. Geschenke und die Erlaubnis zu abenteuerlichen Reisen vertiefen kaum ihre Zuneigung, die sie Herrn Gyula Andrássy (wieder Kurt Hexmann) bereitwillig schenkt. Derselbe, also Hexmann, hat als Bay Middleton neben ihr auf einem Sessel zu reiten, dabei eine rote Perücke unter dem Helm zu tragen und über seine Verlobung zu schweigen. Beim Vorleser Constantin Christomanos auf Korfu darf er endlich nach Herzenslust blödeln und zuzeln, um sich bei der Odyssee „schweinisch“ zu verlesen. Als Kommentatorin dieser Lebenstragödie wirkt Erika Deutinger, die als geduldige Hofdame und Friseuse, aber auch als Regisseurin die rasende Kaiserin ebenso begleitet wie Eva Billisich. Als Leiblakai hat diese Schurrbart zu tragen und sollte eigentlich von Amts wegen schweigen, verrät uns aber in feinzüngiger Plauderei eine ganze Menge intimer Details, die uns Helmut Korherr einfach unterschlagen wollte.

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