Kultur und Weindas beschauliche MagazinMarchfeld Geheimnisse Ausstellungsansicht MARCHFELD GEHEIMNISSE sind es wert, sie für sich zu lüften
Mit der Landesausstellung 2022 hat das Land Niederösterreich dem Marchfeld jedoch neue Impulse gegeben. Renoviert wurde dafür Schloss Marchegg, das vom Barock geprägte feudale Zentrum einer kleinen Grenzstadt, die 1260 als Bollwerk gegen das Königreich Ungarn jenseits des Flusses angelegt wurde. Eingeteilt ist die Ausstellung, wie schon oben erwähnt, der Übersicht halber in Schwerpunkte. In diesem Fall ist es die Nummer 4, an der an einem Modell per Tastendruck Lichtsignale das Werden, oder besser, das Dahinkümmern dieser Ortschaft erzählen. Unter dem Motto „Aufschwung und Niedergang einer Kulturlandschaft“ sind allerdings auch die negativen Folgen der Besiedelung und des Baubooms thematisiert, die à la longue Wanderdünen, Heuschreckenplagen und Pestepidemien gezeitigt haben. Das hatte wiederum Abwanderung zur Folge, der mit Ansiedlung von Kroaten gegengesteuert wurde. Trotzdem ist dem Gebäude das einzigartige Flair, das in bemerkenswerter Architektur an die Lustbarkeiten eines Graf Paul IV. Pálffy oder an die Besuche von Maria Theresia erinnert.
Den Anfang machen die „Kräfte der Natur“. Sie konnten sich in Salzsteppen, Buschwäldern, kräuterreichen Wiesen und baumfreien Sümpfen entwickeln, einer Fauna, zu der u. a. Wisent, Elch und Bär zählten, Lebensraum bieten – bis der Mensch auftauchte und schon in frühester Zeit mit der systematischen Ausrottung vieler dieser Großsäuger begannen. Gut 110.000 Jahre sind Funde alt, die uns der Neandertaler in Form von Speiseresten des Wollnashorns oder Mammuts hinterlassen hat. Vor 40.000 Jahren erschien der Homo Sapiens, der im Laufe der Zeit vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern mutierte und damit dem Marchfeld die heutige Bedeutung als Kornkammer Österreichs in die Wiege gelegt hat. Jagdfrühstück Kaiser Karls VI., von Helmut Krauhs Schwerpunkt 3: Am Schnittpunkt von March & Donau zeigt einerseits die natürliche Ausnahmestellung dieser Landschaft an, andererseits auch deren Funktion als natürliche Barriere gegen feindliche Aggressoren, wie sie schon die Römer zu nutzen verstanden, während sie flott entlang der Bernsteinstraße Handel bis ins Baltikum betrieben. Wirtschaftlich blieb das Marchfeld bis in unsere Zeit interessant. Auch die Habsburger waren sich stets bewusst, was dieser Landstrich im Dreieck von March und Donau für sie bedeutet. 1278 hat ihr Aufstieg mit dem Sieg bei Dürnkrut und Jedenspeigen seinen Ausgang genommen. Das letzte Kapitel ihrer Herrschaft wurde nicht weit davon entfernt auf Schloss Eckartsau geschrieben, als in der Kapelle das letzte Mal die Kaiserhymne gesungen wurde, bevor Kaiser Karl I. samt Familie ins Exil gegangen ist. Es gibt noch einige kriegerische Merkwürdigkeiten, die sich im Osten von Wien zugetragen haben und aus dem Marchfeld zeitweilig ein Schlachtfeld gemacht haben. Mehr dazu erfährt man in „Schwerpunkt 5“, der über die kriegerischen Querelen hinausgeht und die Ebene zur höfischen Spielwiese erklärt. Schon Prinz Eugen hat die Gegend für seine Jagden geschätzt und sich dazu eine ganze Reihe von Schlössern errichten lassen, die ob ihrer Pracht, wie beispielsweise Schloss Hof, mittlerweile zu Touristenmagneten aufgestiegen sind. Schwerpunkt 6 berichtet über die Regulierung der Donaus als Wasserstraße für Dampfschiffe, den Bau von Eisenbahnlinien und Fabriken bis zu den Fördertürmen auf den Ölfeldern im Norden. Ein Bohrkopf ist das beeindruckende Zeugnis dieses letztlich wenig ergiebigen Schürfens nach Schwarzem Gold. Mehr Ertrag bringt jedenfalls der „Fruchtbare Boden“, wie er in Schwerpunkt 7 kritisch betrachtet wird. Seine Fertilität erhält sich jedoch nicht von selbst, sondern braucht heute mehr denn je die Behutsamkeit der Landwirte, die nur mit gezielter Bewässerung und verantwortungsvoller Verwendung chemischer Hilfsmittel der Nachfrage nach gesunden Nahrungsmitteln, aber auch dem Paradeprodukt Spargel nachkommen können. Marchfeld Geheimnisse Ausstellungsansicht Flüsse sind Grenzen, die von der Natur gesetzt werden, durch Brücken aber überwunden werden können. So wird in Schwerpunkt 8 kühn behauptet, dass die March über die längste Zeit ein verbindendes Element dargestellt hat. Erst ab 1918 und später mit dem Eisernen Vorhang trat die teils tödliche Trennung ein, die mit dem Durchschneiden des Stacheldrahtes mittlerweile einer neuen Gemeinsamkeit, vor allem beim Schutz des „Grünen Bandes“ von hüben und drüben, gewichen ist.
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