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Odysseus fährt irr Ensemble © Rolf Bock

ODYSSEUS FÄHRT IRR Mittelmeerkreuzfahrt mit erfrischend junger Crew

Odysseus fährt irr Ensemble © Daniel Große Boymann

So treiben alte Mythen noch immer neue Blüten, und wenn´s ein Musical ist...

Es schadet nicht, wenn man die Sagen des klassischen Altertums zumindest ansatzweise kennt. Praktisch ist auch eine nähere Bekanntschaft mit den Musicals der letzten 40, 50 Jahre. Mit diesen beiden Voraussetzungen hat man den doppelten Spaß bei „Odysseus fährt irr“, das bis 19. Dezember 2018 im MUK (Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) mit dem 3. Jg. Musikalisches Unterhaltungstheater mit Schwung und Professionalität über die Bühne fegt. Neben Homer ist Daniel Große Boymann für die Handlung verantwortlich und statt Andrew Lloyd Webber oder George Gershwin zeichnet hier Alexander Kuchinka für Musik und Songtexte. Wie der Titel schon sagt, ist es nicht nur eine sagenhafte Irrfahrt von Troja nach Ithaka, die der griechische Held durchmachen muss, sondern auch eine irre Odyssee durch verdammt bekannte Musical-Melodien und ein irrsinnig respektloser Umgang mit der sogenannten Antike, deren Humor sich im Original zumeist auf homerisches Gelächter beschränkt. Bei ernsthafter Unterhaltung kennt das junge Ensemble jedoch keinen Spaß.

Odysseus fährt irr Ensemble © Rolf Bock

Die Mädchen und Burschen können allesamt großartig singen, tanzen und schauspielern, sich in Sekundenschnelle aus Olympischen in Irdische verwandeln und legen selbst fleißig Hand an, wenn es darum geht, die zahlreichen Schauplätze mit Requisiten zu versehen, um den Zuschauer nicht im Unklaren zu lassen, in welche Ecke des Mediterraneums es ihn gerade verschlagen hat.

Polyphem (Deike gr. Darrelmann)und die Marionetten © Rolf Bock

Regie führt der Autor selbst. Daniel Große Boymann hat nicht die geringst Scheu vor Gags, um Götter menschlich zu zeigen und Heroen mit allen ihren Schwächen vorzuführen. So ist sein Odysseus blöderweise seekrank, was bei einem Schicksal, das ihn zehn Jahre über das Meer führt, natürlich nicht gerade ein Vorteil ist. Lucca Kleinmann kotzt bemerkenswert echt über die Reeling, zeigt aber umgehend mit der Ballade „Wo geht die Reise hin?“ auf, was in ihm an Gefühl und Stimme steckt.

In seinem Zweitberuf als Göttervater Zeus hat er eher wenig zu reden, das besorgt für ihn bestens Anna Overbeck als resche Gattin Hera, die zu guter Letzt als Penelope mit Odysseus wieder vereinigt wird. Aber um oben zu bleiben: Aphrodite (Julia Sturzlbaum) wird als Kalypso derart verführerisch, dass man versteht, warum Odysseus ihren Reizen unterliegt und nicht aufhören will, Calypso zu tanzen. Aus Athene wird Kirke, die mit Vivienne Dejon was sonst als einen Circus betreibt. Mit der Leier ist Deike gr. Darrelmann ein reizender Apollo, der mit entsprechendem Kostüm zum Menschen fressenden Polyphem wird und dabei ergreifend den Jammer besingt, dass man ihm auch sein einziges Auge ausgestochen hat. Thomas Wegscheider hat genügend Figur und Stimme, um den zürnenden Meersgott Poseidon genauso wie den Schatten des Achill beeindruckend zu verkörpern. Clemens Bauer als quirliger Hermes fliegt nur so über Land und Wellen, dabei singt er das Publikum schwindlig, wenn er in faszinierend höllischem Tempo die verwickelten Verwandtschaftsverhältnisse des Göttergeschlechts virtuos offenlegt.

Begleitet werden die Sänger dabei von der Band unter der Leitung von Frizz Fischer, der fallweise als Dionysos einspringt. Wie schon gesagt, dieses Musical ist nicht für das Bildungsbürgertum vom alten Schlag geschrieben. Man amüsiert sich auch, wenn man einmal nicht ganz gneißt, was dem guten Odysseus alles passiert ist, und genießt die Melodien, ohne immer genau zu wissen, woher das jeweilige Zitat stammt. Um dem Trojanischen Pferd beizupflichten: Dieses Musical ist zum Wiehern.

Anna Overbeck (Hera), Julia STurzlbaum (Aphrodite), Vivienne Dejon (Athene) © Daniel Große Boymann
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