Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


 Herpetologische Schausäle, Saalansicht 28 © NHM Wien, Wilhelm Bauer

Herpetologische Schausäle, Saalansicht 28 © NHM Wien, Wilhelm Bauer

„LURCH RAUS – SCHUPPEN AB“ Herpetologie anschaulich übersetzt

Modell eines Vietnamesischen Moosfrosches (Theloderma corticale) © NHM Wien, Chloé Potter

Modell eines Vietnamesischen Moosfrosches © NHM Wien, Chloé Potter

Zwei Schausäle als neu gestaltete Begegnungszone mit Amphibien und Reptilien

Auf den ersten Blick scheint sich kaum etwas verändert zu haben. In den wunderschönen historischen Vitrinen sind wie ehedem Frösche, Kröten und Schlangen, aber auch imposante Krokodile zu bewundern. Diese Präparate sind allesamt Vertreter der herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums, die immerhin 200.000 Exemplare von Amphibien und Reptilien umfasst. Über den Schaukästen spannt sich die ursprüngliche prächtig bemalte Decke mit Gorgonenhaupt und putzigen Putti, die mit Nattern spielen. Dennoch liegen eineinhalb Jahre Generalsanierung vor der nunmehrigen Wiedereröffnung der beiden Herpatologischen Schausäle (27 und 28 im 2. Stock), um den Besuch mit neuen Erlebnissen, vor allem mit größerem Verständnis für dieses durchaus spannende Teilgebiet der Zoologie aufzuladen.

Restaurierungsarbeiten Saal 28 - vorher
Restaurierungsarbeiten Saal 28 - nachher

Restaurierungsarbeiten Saal 28 - vorher, nachher, Detail von einem Putti der Lünette 4, Saal 28 © Anna Boomgaarden

Beeindruckend ist der Bericht von DI Christian Fischer, dem Leiter Gebäude & Sicherheit. Unter den dafür aufgerissenen Böden wurden viele Kilometer neue Kabel verlegt, um punktgenau an den richtigen Stellen einen Stromanschluss zu haben. Hoch darüber waren Restauratorinnen am Werk, die den Bilderschmuck aus dem 19. Jahrhundert wie frisch gemalt erscheinen lassen. Nach Abschluss der Baustelle oblag es Dr. Silke Schweiger, Leiterin der Herpetologischen Sammlung des Museums, die teils 200 Jahre alten Präparate im neuen strahlenden Licht zu präsentieren. Unter dem Motto „Lurch raus – Schuppen ab“ wird erklärt, was denn nun der Unterschied zwischen Amphibien und Reptilien ist. Ausgewählt wurden dazu rund 1.000 zum Teil seltene Arten wie das Juwelen-Chamäleon (Furcifer capani), das vor weit über 100 Jahren von Ida Pfeifer, einer mutigen Madame im Reifrock (so Generaldirektorin Dr. Katrin Vohland), in Madagaskar entdeckt wurde.

Zu den kuriosen Objekten zählen skelettierte Schildkröten mit aufgeklappten Panzern, die in der dort näher vorgestellten „Siebenrock-Sammlung“ zu bestaunen sind. Erstaunlich lebendig wirken dagegen die Bewohner der liebevoll gestalteten Dioramen. So findet sich der natürlich nachgebildete Lebensraum der heimischen Moorfrösche, deren Männchen zur Paarungszeit prächtig blau gefärbt sind. Vertreten sind, so Schweiger, alle 15 Reptilien- und 21 Amphibien-Arten Österreichs, darunter die leider ausgestorbene Ungarische Wiesenotter. Als Referenz an die Ferne windet sich auf dem Türsims zwischen den Sälen bedrohlich ein 5,5 Meter langer Tigerpython. Dessen Jagdverhalten, aber auch die Kommunikation der Tiere an sich oder ihre Tarnung werden ebenso thematisiert wie deren faszinierende Vielfalt, die durch die Gefährdung ihres Lebensraumes, durch Klimawandel und Wilderei im Schrumpfen begriffen ist. Diesem traurigen Umstand gegenzusteuern, ist eine der Aufgaben der Forschung, die für ihre Zwecke auf diese Sammlung eines seit Beginn engagierten Museums zurückgreifen kann.

Vitrine "Siebenrocks Schildkröte" © NHM Wien, Wilhelm Bauer

Vitrine "Siebenrocks Schildkröte" © NHM Wien, Wilhelm Bauer

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

HIER NAGT NICHT NUR DER ZAHN DER ZEIT sondern vielerlei Arten von Schädlingen

Dr. Pascal Querner auf Schädlingsjagd © NHM Wien, Christina Rittmannsperger

Dr. Pascal Querner © NHM Wien, Christina Rittmannsperger

Ganz groß im Blick: Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel

Leicht hatten es gefräßige Schädlinge auch bisher nicht im Museum. Mit der Fülle an Präparaten war der Tisch zwar reich gedeckt, aber die erhoffte Nahrung war mit DDT oder Naphthalin von sorgsamen Restauratoren ungenießbar gemacht. Trotzdem gelang es Spezialisten wie Tineola bisselliella (Kleidermotte), Anthrenus verbasci (Wollkrautblütenkäfer), Ctenolepisma longicaudatum (Papierfischchen) & Co. immer wieder, wertvolle Objekte zu befallen und für die Forschung unbrauchbar zu machen. Erschwerend dazu kommt der Klimawandel, der für derlei Schadinsekten beste Voraussetzungen schafft. Es war also höchst an der Zeit, dieser Problematik wissenschaftlich zu begegnen. Mit der von der Expertise so formulierten Integrierten Schädlingsbekämpfung sollen die angepeilten Ziele mit Frieren, Stickstoffvergasung, Prävention und regelmäßigem Monitoring mittel wirksamer Fallen erreicht werden.

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit, Ausstellungsansicht © NHM Wien, Chloé Potter

Darum geht es in erster Linie in der Sonder- und späteren Wanderausstellung „Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit“ (bis 15. Juni 2025 im Saal 21). Kurator ist der „oberste Kammerjäger“ am NHM, Dr. Pascal Querner, unterstützt von Constanze Fuhrmann, Referatsleiterin „Umwelt und Kulturgüterschutz“ Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Drei Themenbereiche bieten als systematisches Gerüst staunenden Besucherscharen entsprechend Überblick. Staunend deswegen, da ihnen Kleinstes in beeindruckender Größe entgegentritt. Erster Eyecatcher sind Fotos von Museums- und Wohnungsschädlingen in x-facher Vergrößerung, in der sich ein Brotkäfer locker mit einer Katze messen kann. Kästen und Plattformen mit Infomaterial und beredten Beispielen erzählen von historischer und aktueller Schädlingsbekämpfung in Museen. Der dritte Punkt dreht sich um den Klimawandel und dessen nicht zu untershätzender Einfluss auf Insekten und Pilze.

An dieser Stelle ist zu erfahren, dass „Insekten ihre Körpertemperatur kaum regulieren können und damit ihre Aktivität, Entwicklung und Fortpflanzung von Innenraumtemperatur (und zum Teil relative Feuchte) direkt abhängig ist“ und dadurch ein ungebremstes Wachstum der Population begünstigt wird. Als künstlerische Klammer darüber liegen irritierende Fotos von Klaus Pichler. Seine Arbeiten zeichnen sich durch Ironie und eine kritische Perspektive aus, um als museales Memento mori zum Nachsinnen über die Vergänglichkeit von für die Ewigkeit gedachter Präparate herauszufordern.

Neue Fotoserie "Zeugnisse der Zerstörung" von Künstler Klaus Pichler © NHM Wien, Chloé Potter

Neue Fotoserie "Zeugnisse der Zerstörung" von Künstler Klaus Pichler © NHM Wien, Chloé Potter

 Situla von Kuffern, Eisenzeit © NHM Wien

Situla von Kuffern, Eisenzeit © NHM Wien

20€ SALZKAMMERGUT Silber für das weiße Gold

Das Werden einer Münze

Das Werden einer Münze

Die erste Münze einer dreiteiligen Serie wurde präsentiert

Das Salz hat der Region den Reichtum gebracht. Seit 5.000 Jahren wird in Hallstatt dieses so essentielle Element unseres Lebens abgebaut. Nicht umsonst spricht man vom „weißen Gold des Salzkammergutes“, das mit solidem Gold bezahlt wurde. Man muss sich vorstellen, wie mühsam es in der Steinzeit war, in den Berg vorzudringen, die wertvollen Brocken nach draußen zu bringen und mit einfachster Technik daraus eine handelbare Ware zu gewinnen. Dass es sich mehr als ausgezahlt hat, beweisen tausende Funde, die von Archäologen zutage gefördert und wissenschaftlich bearbeitet wurden. Sie sind alle bestens erhalten, denn Salz konserviert, und sie geben damit ein ungemein klares Bild von den Lebensumständen und der Arbeitsweise der Altvorderen. Das Erstaunliche daran ist die Tatsache, dass es damals bereits eine Art Welthandel gegeben hat. Der Griff an einem Schwert ist aus Elfenbein, verziert wurde es mit Bernstein. Diese Marriage aus Süd und Nord ist nur eines der zahllosen Beispiele, an denen weitrechende wirtschaftliche Kontakte nachgewiesen werden können.

 Münze mit Bergbau Abbildung © Münze Österreich

Münze mit Bergbau Abbildung © Münze Österreich

 Lindenbastseil © NHM Wien

Lindenbastseil © NHM Wien

Diesem Umstand trägt die dreiteilige Serie von Münzen mit dem Titel „Bergbau“ Rechnung. Die Münze Österreich führt unter der Bezeichnung „Das weiße Gold des Salzkammergutes“ in die Zeit zurück, als mit scheinbar primitiven Methoden extrem effizient gearbeitet wurde. Die erste Ausgabe zeigt neben der Wertangabe den Pickel aus Hirschgeweih. Eine Spitze aus Bronze sitzt in spitzem Winkel am Griff und ermöglichte damit Kraft schonende Arbeit.

Solch raffiniertes Werkzeug gibt es sonst nirgends auf der Welt, ist also eine höchst innovative Entwicklung der alten Hallstätter. Die Arbeiter dazu sind auf der anderen Seite der Münze zu sehen. Nachgebildet sind sie den Darstellungen, wie sie auf Bronzegefäßen der Eisenzeit (Situlen) gefunden wurden; in der Tracht und der Haltung, mit der sie im Stollen zugange waren. Die nächste Münze dieser Serie wird sich mit dem Handel und die dritte mit dem Ritus beschäftigen. Man darf gespannt sein, welche Details sie aus einer großen Vergangenheit erzählen, die in enger Kooperation vom NHM und seinen Archäologen aus der Fülle an wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Münze Österreich aufbereitet wurde. Als Zahlungsmittel ist dieses Prachtstück gerade 20€ wert, so steht es drauf. Da es sich aber um eine Silbermünze und in polierter Platte um ein begehrtes Sammlerstück handelt, sind beim Kauf derzeit 69,60 Euro zu berappen. Damit erwirbt man sich nicht nur Edelmetall, sondern eine Geschichte, die in feinster Gravur und ausgezeichneter Handarbeit für die Ewigkeit festgehalten ist.

Auf der Münze dargestellte Werkzeuge

Auf der Münze dargestellte Werkzeuge

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