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Im Schlosspark der Schallaburg

Im Schlosspark der Schallaburg

RENAISSANCE einst, jetzt & hier. Das Schloss als Bühne einer neuen Ära

Ein Tugendkatalog in Terrakotta, der einzigartige Innenhof

Ein Tugendkatalog in Terrakotta, der einzigartige Innenhof

Ein großer thematischer Bogen feiert 50 Jahre Ausstellungszentrum Schallaburg

Die Ausstellung will eine Zeitreise sein, die vom Aufbruch des Denkens am Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit bis zu dessen Erbe in der Gegenwart führt. Ab dem 19. Jahrhundert hat man diese Epoche Renaissance genannt, eine Wiedergeburt der Antike und ein Besinnen auf deren vielfältige Leistungen, die wir bis heute als die Basis unserer (westlichen) Kultur bezeichnen dürfen. Das Quattrocento (15. Jh.) und Cinquecento (16. Jh.) brachte eine Fülle an Neuerungen, die sich nicht zuletzt auch in einer grundlegenden Änderung des Baustiles manifestierten. Aus der trutzigen Burg wurde das Schloss mit offenen Arkadengängen, in denen anstelle bewaffneter Ritter humanistisch geprägte Denker wandelten und dem dort residierenden Fürsten ihre neue Sicht einer Herrschaft nahelegten. Wo sonst als auf der Schallaburg ist dieser Wandel so deutlich sichtbar?! Vor 50 Jahren wurde das Schloss, das in seinem Kern auf eine Baugeschichte von bald 1.000 Jahren zurückblicken kann, erstmals bespielt. Begeistert vom Gesamtkunstwerk und den gut 1.3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wurde „Renaissance in Österreich“ als Start gewählt.

RENAISSANCE einst, jetzt & hier, Raumansicht

RENAISSANCE einst, jetzt & hier, Raumansicht

Das „Astronomicum Caesareum" ist ein Meisterwerk der Buchkunst.

Das „Astronomicum Caesareum" ist ein Meisterwerk der Buchkunst.

Die Jubiläumsausstellung „RENAISSANCE einst, jetzt & hier“ (bis 3. November 2024) ist eine Verbeugung vor einer Erfolgsgeschichte, die mit unterschiedlichsten Themen nicht weniger als 6,3 Millionen Besucher zu diesem „hoch und lustigen perghaus“ gezogen hat. Zu verdanken ist dieses bewohnbare Denkmal einer bahnbrechenden Ära den damaligen Inhabern der Herrschaft, Christoph II. und dessen Sohn Hans Wilhelm von Losenstein. Ihnen ist nach einer textreichen Einführung und dem üppig mit Objekten bestückten „Spiegel der Zeit“ der dritte Raum gewidmet. Ein Porträt wird man jedoch vergeblich suchen, weder von den Freiherren selbst, noch von den Damen oder Kindern. Belegt ist allerdings der Schuldenberg, den Hans Wilhelm durch den Ausbau hinterlassen hat.

Fleißmedaillen für besondere schulische Leistungen

Fleißmedaillen für besondere schulische Leistungen

Die Runde durch das stimmungsvolle Gemäuer führt zu „Bildung ist mehr als Wissenschaft“. Martin Luther war interessiert daran, dass auch einfache Leute seine gedruckte Bibel (den Buchdruck als revolutionäre Erfindung trifft man später) lesen konnten, und Adelige gründeten Schulen, wie auch Hans Wilhelm von Losenstein, der im nahen Loosdorf eine Hohe Schule einrichtete, aus der angesehene Gelehrte hervorgingen. Die Gegenreformation machte mit dieser Bildungsoffensive jedoch Schluss. Im Gedächtnis geblieben sind Einrichtungen wie das Studiolo, eine mit wissenschaftlichen Instrumenten und Kuriositäten eingerichtete Kammer des Denkens. Auf das beeindruckende Äußere der Schallaburg nimmt „Weiterbauen mit Weitblick“ Bezug und erinnert wieder an die diesbezüglichen Leistungen von Vater und Sohn Losenstein. Dazu zählt nicht zuletzt der imposante, in seiner Art einzigartige Innenhof. „Ein Tugendkatalog in Terrakotta“ ist eine Einladung, sich in die anschaulichen Ideen der damals sieben freien Künste zu vertiefen, von Herkules und seinen Heldentaten bis zur „Fabel vom Müller, seinem Sohn und dem Esel“. Mit „Aufstieg und Niedergang“ wird an das Ende der Losensteiner erinnert.

Nachbau einer Druckerpresse aus dem 16. Jahrhundert

Nachbau einer Druckerpresse aus dem 16. Jahrhundert

RENAISSANCE einst, jetzt & hier, Raumansicht

RENAISSANCE einst, jetzt & hier, Raumansicht

„Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ vertieft noch einmal den Arkadenhof, während „Wohnen zwischen den Zeiten“ in eine beheizbare Stube führt. „Medien machen mobil“ und neugierig, was einst die Menschen bewegt hat, dass sie dazu fleißig Druckwerke herstellten. Derlei Veröffentlichungen seitens der Protestanten wurden von der katholischen Kirche als gefährlich betrachtet und verboten, ungeachtet der Tatsache, dass das Christentum eine Religion des Buches ist.

Gott sei Dank gab es auch besonnene Sammler. In der Bibliothek von Stift Göttweig werden bis heute diese „Libri prohibiti“ aufbewahrt. Ein Bindeglied der Konfessionen ist die Schlosskapelle, in der heute das Hochgrab von Hans Wilhelm Losenstein eine Ahnung vom Aussehen dieses Bauherrn der Renaissance gibt. Er ist in einer Ritterrüstung zu sehen, war aber ein Sohn seiner Zeit, der nach dem Motto „Ausdehnung der Horizonte und Klischees“ Reisen in ferne Länder und zu fremden Kulturen unternahm. Seiner Geldnot waren sicherlich auch die Bemühungen der Alchemisten durchaus willkommen, deren Gerätschaft in „Geisteswissenschaften und Geheimwissen“ zu bestaunen ist. Unmittelbar vor „Spielen ist mehr als Spielen“ verweist „Gezähmte Natur und gestaltete Gartenkultur“ auf den Schlosspark. Von den botanischen Raritäten hat sich wenig erhalten, dennoch ist ein beschaulicher Spaziergang durch liebevoll gepflegte Rosenhecken und Baumkulturen eine reizvolle Möglichkeit, die Gewissheit zu vertiefen, dass es sich bei dieser Anlage um das schönste Renaissanceschloss nördlich der Alpen handelt.

Predigtstuhl, Kanzel der Schlosskapelle von Greillenstein (um 1604)

Predigtstuhl, Kanzel der Schlosskapelle von Greillenstein (um 1604)

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