Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Die Csárdásfürstin, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

Die Csárdásfürstin, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN Das jüdische Erbe der silbernen Operette

Iurie Ciobanu, Tania Golden, Alma Sadé, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

Iurie Ciobanu, Tania Golden, Alma Sadé, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

A jiddisches Festl beim Life Ball im Budapester Orpheum

Die beiden Librettisten Leo Stein und Bela Jenbach waren wie der Komponist Emmerich Kálmán Juden. Engagierte Jüdin ist auch Ruth Brauer-Kvam. Damit ist klar, dass ihre Inszenierung der Operette „Die Csárdásfürstin“ für die Bühne Baden diesbezüglich einen deutlichen Einschlag erhält. Die Varietésängerin des Budapester Orpheums Sylva Varescu (hinreißend emotional gesungen von Alma Sadé) ist damit ebenfalls Jüdin, in die sich Edwin Ronald von und zu Lippert-Weylersheim (ein überzeugender Tenor: Iurie Ciobanu) verliebt hat. Abgesehen davon, dass er ein Goi und damit für eine Jüdin an sich tabu ist, stammt er aus großem Haus, was die Angebetete für ihn wiederum unmöglich macht. Dass die beiden Ehehindernisse am Ende doch erfolgreich beseitigt werden, ist das Verdienst von Feri von Kerekes. Der gute Mann ist ebenfalls jüdischen Geblüts und in Baden dazu eine Frau (Tania Golden mit Schnurrbart und ungarischem Akzent), die als Conférencier in ihrem Orpheum die Gäste – in ihrer queeren Erscheinung erinnern sie an den Life Ball – mit jüdischen Witzen unterhält. Anstelle des üblichen Primas leitet Sándor Jávorkai mit seiner virtuos gespielten Geige eine Klezmer Band. Kurz gesagt, man ist auf ein jiddisches Festl eingeladen und dürfte auch ohne bestimmte Konfession, einfach als Mensch, willkommen sein.

Verena Scheitz, Oliver Baier, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

Verena Scheitz, Oliver Baier, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden

Anna Overbeck, Ricardo Frenzel Baudisch © Christian Husar/BuehneBaden

Anna Overbeck, Ricardo Frenzel Baudisch © Christian Husar/BuehneBaden

Mit der absolut ohrgängigen Musik von Emmerich Kálmán aus dem Orchestergraben, einem sattelfesten Chor und einer temperamentvollen Choreographie auf einer geschickt ausgestatteten Bühne wird aus dem Liebesdrama eine schwungvolle Revue, die vom Premierenpublikum begeistert gefeiert wurde. Es sollte eigentlich keine Probleme geben, wäre da nicht eine (unnötige) Zeitverschiebung. 1915, also im Ersten Weltkrieg, wurde „Die Csárdásfürstin“ uraufgeführt. Damals gab es noch die Aristokratie mit ihrem Standesdünkel und Juden waren trotz teils enormer Vermögen und kultureller Großtaten in der Monarchie eher scheel angesehene Mitbürger. Es hätte alles so wunderbar gepasst. Aber Ruth Brauer-Kvam hat das Ganze in das Jahr 1934 versetzt.

Offenbar wollte sie die Judenfrage angesichts des (damals) wachsenden Antisemitismus´ verschärfen. – allerdings ein historisch sehr problematischer Eingriff. Abgesehen davon, dass in diesem Jahr die Heimwehr mit dem Schutzbund einen blutigen Bürgerkrieg ausgefochten hat und die verarmte Bevölkerung wahrhaft andere Sorgen als eine solche Liaison hatte, ist seit 1919 das Führen von Adelstiteln in Österreich verboten. Trotzdem wirbt der junge Graf Boni Kancsianu (ein akrobatischer Ricardo Frenzel Baudisch) um die hübsche Komtesse Stasi (eine flotte junge Frau mit toller Stimme: Anna Overbeck). Ebenso wenig dürfte es Edwins Eltern, Fürstin Anthilde von und zu Lippert-Weylersheim und deren p.t. Gemahl Leopold Maria, geben. Aber wenn sie schon einmal da sind, sollte man sich an ihnen auch erfreuen. Verena Scheitz ist die von der „roten Hilda“ zu hochadeliger Würde hinauf geheiratete Provinzprimadonna, die mit einem würdevollen, wenngleich sich harthörig gebenden Oliver Baier der seltsamen Geschichte in gekonnt komischer Manier ein Happy End ermöglicht.

Ricardo Frenzel Baudisch, Florian Stohr © Christian Husar/BuehneBaden

Ricardo Frenzel Baudisch, Florian Stohr © Christian Husar/BuehneBaden

Sommerarena in Baden

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