Kultur und Weindas beschauliche MagazinDie Csárdásfürstin, Ensemble © Christian Husar/BuehneBaden DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN Das jüdische Erbe der silbernen Operette
Die beiden Librettisten Leo Stein und Bela Jenbach waren wie der Komponist Emmerich Kálmán Juden. Engagierte Jüdin ist auch Ruth Brauer-Kvam. Damit ist klar, dass ihre Inszenierung der Operette „Die Csárdásfürstin“ für die Bühne Baden diesbezüglich einen deutlichen Einschlag erhält. Die Varietésängerin des Budapester Orpheums Sylva Varescu (hinreißend emotional gesungen von Alma Sadé) ist damit ebenfalls Jüdin, in die sich Edwin Ronald von und zu Lippert-Weylersheim (ein überzeugender Tenor: Iurie Ciobanu) verliebt hat. Abgesehen davon, dass er ein Goi und damit für eine Jüdin an sich tabu ist, stammt er aus großem Haus, was die Angebetete für ihn wiederum unmöglich macht. Dass die beiden Ehehindernisse am Ende doch erfolgreich beseitigt werden, ist das Verdienst von Feri von Kerekes. Der gute Mann ist ebenfalls jüdischen Geblüts und in Baden dazu eine Frau (Tania Golden mit Schnurrbart und ungarischem Akzent), die als Conférencier in ihrem Orpheum die Gäste – in ihrer queeren Erscheinung erinnern sie an den Life Ball – mit jüdischen Witzen unterhält. Anstelle des üblichen Primas leitet Sándor Jávorkai mit seiner virtuos gespielten Geige eine Klezmer Band. Kurz gesagt, man ist auf ein jiddisches Festl eingeladen und dürfte auch ohne bestimmte Konfession, einfach als Mensch, willkommen sein.
Mit der absolut ohrgängigen Musik von Emmerich Kálmán aus dem Orchestergraben, einem sattelfesten Chor und einer temperamentvollen Choreographie auf einer geschickt ausgestatteten Bühne wird aus dem Liebesdrama eine schwungvolle Revue, die vom Premierenpublikum begeistert gefeiert wurde. Es sollte eigentlich keine Probleme geben, wäre da nicht eine (unnötige) Zeitverschiebung. 1915, also im Ersten Weltkrieg, wurde „Die Csárdásfürstin“ uraufgeführt. Damals gab es noch die Aristokratie mit ihrem Standesdünkel und Juden waren trotz teils enormer Vermögen und kultureller Großtaten in der Monarchie eher scheel angesehene Mitbürger. Es hätte alles so wunderbar gepasst. Aber Ruth Brauer-Kvam hat das Ganze in das Jahr 1934 versetzt.
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