Kultur und Weindas beschauliche MagazinArtur Ortens, Ursula Pfitzner, Iurie Ciobanu, Ensemble © Christian Husar GIUDITTA Eine Frau, die in zuviel Liebe ertrinkt
„Freunde, das Leben ist lebenswert!“ Wenn Iurie Ciobanu damit anhebt, geht ein Ruck durch das Publikum. So selbstbewusst strahlend hat man dieses Lied noch selten empfunden. Sein Octavio reißt mit seiner Vorfreude auf ein erotisches Erlebnis die Offizierskollegen aus deren soldatischem Gleichmut. Er spürt mit männlicher Gewissheit, dass ihm heute noch die Schönste aller Frauen gehören wird. Was er noch nicht weiß: Die junge Gattin des alten Manuel langweilt sich. Er hält sie in einem Käfig, den Regisseur Michael Lakner als immer wieder eingesetztes Requisit zu ihrem Schicksal gemacht hat. Die Männer in ihrem Leben glauben damit, die heißblütige Giuditta für sich allein darin einsperren zu können. Die grandiose Sopranistin und nebenbei ungemein attraktive Ursula Pfitzner stellt sich Octavio mit „In einem Meer von Liebe“ vor und fesselt damit ihrerseits das Herz des flatterhaften Offiziers an sich. Franz Lehár hat für beide Partien Melodien mit höchsten Herausforderungen komponiert. Er wollte dieses Werk (mit dem Libretto von Paul Knepler und Fritz Löhner-Beda) als Oper anerkannt wissen und hat es damit sogar auf die Bühne der Staatsoper geschafft. Aber trotz aller Ambitionen, zu hören in orchestralen Zwischenspielen und einem teils ernsthaften harmonischem Gefüge, bleibt es eine Operette mit dem Grundrhythmus von Unterhaltungsmusik, wenngleich ohne das übliche Happy End.
Es gibt in dieser Inszenierung neben den beiden großen Stimmen noch eine Menge an Erfreulichem; allein der Anfang mit der Volksszene, in der Pierrino sein Geschäft, also Obst samt Wagen und dem reizenden Esel namens Aristoteles, verklopft, um mit seiner Anita ein neues Leben im nahen Afrika beginnen zu können. Mit dem Duett „Uns ist alles einerlei“ präsentieren sich Thomas Zisterer und Loes Cools als tanzendes, singendes und in feiner Komik hinreißendes Buffopaar.
Die Zirkusprinzessin, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden DIE ZIRKUSPRINZESSIN als launige Antwort auf Who´s Who?
Wer ist dieser geheimnisvolle Mister X, der in der Manege täglich ein halsbrecherisches Kunststück als Teufelsreiter zeigt? Was veranlasst diesen Mann, als Akrobat regelmäßig sein Leben aufs Spiel zu setzen? Da muss doch mehr hinter dieser Maskerade stecken als nur die Liebe zum Zirkus. Die Librettisten Julius Brammer und Alfred Grünwald haben für die Antwort eine Zeit bemüht, in der noch Adel und damit verbundene Standesdünkel an der Tagesordnung waren. 1926, als „Die Zirkusprinzessin“ von Emmerich Kálmán in Wien uraufgeführt wurde, waren die Titel von Grafen, Fürsten und Prinzen hierzulande bereits einige Jahre abgeschafft. Die Nostalgie war aber noch spürbar und hat sich bis heute gehalten. Den Beweis liefert ein Blick auf Adelsreportagen in unzähligen Hochglanz-Magazinen. Das erklärt auch, warum diese Operette über ein ganzes Jahrhundert seit ihrer Entstehung nichts von ihrem Charme und ihrer Zugkraft eingebüßt hat.
Freilich ist der Hauptgrund für den anhaltenden Erfolg die Musik. Wem die Arie „Zwei Märchenaugen“ nicht direkt ins Herz geht, der ist auch in Baden fehl am Platz. Aber damit versäumen derlei Ignoranten eine Inszenierung, die mit sanfter Bereinigung nicht mehr tragbarer Schwächen im Text diese Operette in altem Glanz und Gloria wieder auferstehen lässt. Regisseurin Isabella Gregor hat mit großem Respekt vor dem Original auf Schwung, Spaß und Unterhaltung gesetzt. Besonders angetan haben es ihr die Verwirrungen um verschiedene Identitäten der handelnden Personen.
Nicht nur Mister X, den Clemens Kerschbaumer in jedem Sinn kraftvoll anlegt und damit keinen Zweifel an einer bedeutenden Persönlichkeit aufkommen lässt, ist ganz wer anderer als er zu sein scheint. Buffo Ricardo Frenzel Baudisch verliebt sich als Toni Schlumberger in die reizende Artistin Miss Mabel Gibson. Er ist der Sohn vom Erzherzog Karl, einem Wiener Hotel, was aber den aus höchstem russischen Adel stammenden Prinz Sergius (Marco di Sapia) dazu verleitet, in aristokratischer Freundschaft mit dem vermeintlichen Habsburger-Spross Unmengen Wodka zu kippen. Toni selbst muss erfahren, dass die angebliche Engländerin eine für den Zirkus unbegabte Wienerin ist. Elisabeth Schwarz verleiht ihrer Mabel nicht nur eine wunderhübsche Stimme, sie wickelt vielmehr ihren Verehrer virtuos um den Finger. Geküsst wird erst nach der Hochzeit.
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