Kultur und Weindas beschauliche Magazindrittes klavierkonzert, Mila Schmidt, Gabriele Aime © Ashley Taylor THE MOON WEARS A WHITE SHIRT aus Klavier, Schlagzeug und Violine.
„,Drittes Klavierkonzert´ ist ein Ballett über die Schwierigkeit zu lieben, Freund eines Liebenden zu sein und über unser aller Bedürfnis, oftmals mehr oder völlig anderes zu begehren und zu träumen, als wir zu erreichen vermögen“, gibt Martin Schläpfer seiner Arbeit als Erklärung mit, die den Abend in dier Wiener Volksoper mit dem englischen Titel „the moon wears a white shirt“ einleitet. Damit werden die Auseinandersetzungen in den Pas de deux und dem Corps de ballett nachvollziehbar. Mila Schmidt beginnt mit einem gefühlvollen Solo mit den noch einzeln zu ihr hinauf klingenden Tönen des Klaviers. Zu ihr gesellt sich Gabriele Aime, muss aber bald erkennen, dass er nicht erwünscht ist. Mittlerweile hat das Orchester die Begleitung von Alina Bercu, der Solistin am Flügel, übernommen. Immer mehr füllt sich die Bühne, immer wieder ist es ein ähnlicher Ablauf des Annäherns und Zurückstoßens. Es scheint, als hätte Alfred Schmittke bei der Komposition dieses in seiner Wirkung gewaltigen Konzerts für Klavier und Streichorchester an die von Schläpfer sichtbar gemachten zwischenmenschlichen Probleme gedacht. Teil zwei ist die Umsetzung von Poesie in einer Kombination aus ungewöhnlichen Klangfarben und Tanz. „ligeti essays“ sind Gedichte des Ungarn Sándor Weöres, die von György Ligeti für Mezzosopran (Stephanie Maitland, Annelie Sophie Müller, Birgid Steinberger) vertont wurden. Da die Texte ungarisch sind, hat man die Möglichkeit, sie entweder zuvor im Programmheft in deutscher Übersetzung zu lesen und sich zu merken oder sich auf die Erzählkraft des Ballett-Ensembles in der spannenden Choreographie der großen Karole Armitage zu verlassen. „Pfeifen, Trommeln, Schilfgeigen“ als Angabe für die Instrumentierung klingt vielversprechend.
Elena Tschernischova, Giselle, Ensemble © Ashley Taylor GISELLE und ihr fast zu Tod getanzter Liebhaber
Eine düstere (deutsche) Sage um enttäuschte Liebe und den gespenstischen Willis hat die Franzosen Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges und Théophile Gautier zu einem Libretto inspiriert, das von Adolphe Adam vertont und von Jules Perrot und Jean Coralli erstmals in eine Choreographie umgesetzt wurde (Uraufführung in Paris am 28. Juni 1841). Vom ersten Moment an geht es darin um das Tanzen. Man sollte meinen, eh klar bei einem Ballett. Hier trägt die Bewegung zur Musik jedoch die Handlung und stellt sich als ein Vergnügen heraus, das auch tödlich sein kann; für die tanzwütigen Franzosen tatsächlich ein schwer nachvollziehbarer Umstand. Aufgeschrieben hatte den Stoff ursprünglich Heinrich Heine. Darin wird erzählt, dass bei jungen Frauen, die vor ihrer Hochzeit gestorben sind, in den von treulosen Geliebten gebrochenen Herzen die Tanzlust weiter schlägt. Als Willis steigen sie des Nachts aus ihren Gräbern, um an Wegkreuzungen zu tanzen und zufällig anwesende Männer so lange wild mit sich zu drehen, bis diese vor Erschöpfung tot umfallen. Das Bauernmädchen Giselle, sensibel und vom Tanzen besessen, wurde eine von ihnen, da ein inkognito erschienener Herzog, nachdem er ihr seine Liebe geschworen hatte, bei Erscheinen seiner Braut nichts mehr davon wissen wollte. In der Wiener Staatsoper kehrte das Ballett „Giselle“ in der Choreographie und Inszenierung von Elena Tschernischova (1939-2015) mit der 90. Aufführung auf die Bühne zurück. Allein das romantisch realistisch gemalte Bühnenbild (Ingolf Bruun) holt das Publikum in die entsprechende Stimmung, das vom „genre villageois“ mit ausgelassenen Tänzen der Landbevölkerung zu den Gräbern im nächtlichen Wald, bevölkert von bleichen tanzwütigen Geistwesen, mitgerissen wird. Wolfgang Heinz am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper lässt die Farben des französischen Komponisten Adam leuchten und damit die Musik zu einer weiteren Erzählerin werden.
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