Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Blick in die Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ © KHM-Museumsverband

Blick in die Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

WALK OF FAME Eine Intervention gegen das Vergessen

Oscar Friedmann am Aufgang zur Ausstellung

Oscar Friedmann am Aufgang zur Ausstellung

Begegnungen mit Vertretern der kosmopolitischen jüdischen (Theater)Moderne der 1930er-Jahre

Graue Silhouetten empfangen die Besucher des Theatermuseums und begleiten sie in den ersten Stock, um sie dort in das helle Licht der bunten Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ mit all der Nostalgie zur Film- und Unterhaltungsindustrie zu entlassen. Auf den bescheiden aus Pappe gefertigten lebensgroßen Gestalten heben sich Gesichter ab. Zum Namen dieser Personen muss man sich jedoch ehrfürchtig tief bis zu deren Sockel bücken, bequemer hat man es bei der Information, die ein Blatt mit QR-Code in deren Mitte bietet. Dort finden sich (sofern vorhanden) auch Audio- und Videoaufnahmen zur jeweiligen Gestalt. Um das Geheimnis zu lüften: Es handelt sich um 14 Vertreter der kosmopolitischen Theatermoderne aus der Zeit zwischen 1900 und 1938, dem Jahr, das für viele von ihnen Vertreibung oder Tod bedeutet hat. Die Erinnerung an sie wurde (beinahe) ausgelöscht, ihr Wirken verdrängt und ihnen damit ein zweites Mal das Leben genommen.

Von dDie Studierenden, von denen der Walk of Fame erarbeitet wurde

Von dDie Studierenden, von denen der Walk of Fame erarbeitet wurde

Siegrfired Geyer in der Sonderausstellung Richard Teschners Figurenspiegel

Siegfried Geyer in der Ausstellung Richard Teschners Figurenspiegel

Entstanden ist diese Intervention in einer Kooperation des Theatermuseums mit Studierenden und dem Archiv des Instituts der Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien. Unter dem Titel „Walk of Fame. Die Gleichzeitigkeit von Erfolg und Verfolgung“ (bis 1. April 2024) werden in „Wer waren...?“ in erster Linie Frauen aus dem Dunkel des Vergessens geholt.

So war Else Feldmann eine politisch-sozial engagierte Literatin und Journalistin, Maria Gutmann Wiens erste Regisseurin oder Camilla Frydan Pianistin und Komponistin. Es werden aber auch Männer vor den Vorhang gerufen. Ausgesprochene Multitalente wie Siegfried Geyer, die Erfolgsdramatiker und Journalisten Oscar und Armin Friedmann oder der Kritiker Siegfried Löwy stehen hier neben dem Theaterbesucher Bernhard Krakauer. Jede und jeder einzelne hat eine spannende Geschichte zu erzählen. Um neben der digitalen Ausstellung handfeste Unterlagen zu bieten, ist eine Zeitung erschienen. Auf den Umschlagblättern finden sich die Standorte und im Leseteil eine ausführliche Präsentation der jeweiligen Persönlichkeit. Das letzte Kapitel dieses Magazins stellt die Frage: „Was bleibt?“ Freilich konnte nur ein winziger Ausschnitt aus diesem traurigen Kapitel freigelegt werden. Ein Anfang ist jedoch gemacht, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln wie Internetseite und gedrucktem Papier diesen Menschen wieder zum Dasein in der österreichischen Kulturgeschichte zu verhelfen.

Camilla Frydan im Stiegenaufgang zur Ausstellung

Camilla Frydan im Stiegenaufgang zur Ausstellung

Ausstellungsansicht Theatermuseum © KHM-Museumsverband

Ausstellungsansicht Theatermuseum © KHM-Museumsverband

MODE FÜR DIE BÜHNE Zeichnungen von Monika von Zallinger

Kostümentwurf Monika von Zallinger Eine Nacht in Venedig (Johann Strauss Sohn) Volksoper, Wien, 1989

Kostümentwurf Monika von Zallinger Eine Nacht in Venedig (Johann Strauss Sohn) Volksoper, Wien, © KHM-Museumsverband

Kunstwerke als Erinnerungen an große Inszenierungen

Kostümentwürfe sind an sich Arbeitsmittel für die Theaterwerkstätten. Meistens sind es Skizzen, deren Information für die Schneiderinnen ausreichend ist, um das Ensemble den Vorstellungen des Regisseurs entsprechend einkleiden zu können. Weit über den Entwurfscharakter hinaus gehen jedoch die Zeichnungen der Kostüm- und Bühnenbildnerin Monika von Zallinger. Rudi Risatti vom Theatermuseum erzählt mit Vergnügen von seiner ersten Begegnung mit dieser Grand Dame der Ausstattung. Monika von Zallinger war bei ihm erschienen, um dem Museum ihren Bestand an Kostümzeichnungen anzubieten. Bei einem Besuch in ihrer Wohnung hatte sie die großformatigen Blätter auf dem Boden aufgelegt. Risatti erkannte auf den ersten Blick, dass jede dieser Zeichnungen ein eigenständiges Kunstwerk war. Ein gekonnter Strich und die fantasievolle Anordnung der Personen ließen die Szenen der jeweiligen Stücke lebendig werden. Von Zallinger hatte an eine Schenkung gedacht. 400 dieser grandiosen Entwurfszeichnungen gehören seit 2021 somit dem Theatermuseum. Aus der verständlichen Begeisterung ist mittlerweile eine Ausstellung entstanden, die gemeinsam von der Künstlerin und dem Kurator gestaltet wurde. Der Titel „Mode für die Bühne. Monika von Zallinger. Kostümzeichnungen“ (bis 6. November 2023) verrät jedoch nur wenig über die Faszination, die von den Werken und dem dazu in lebensgroßen Figurengruppen geschaffenen Rahmen ausgehen.

Kostümentwurf Monika von Zallinger Die Kluge (Karl Orff) Staatstheater am Gärtnerplatz, München

Kostümentwurf Monika von Zallinger Die Kluge (Karl Orff) Staatstheater am Gärtnerplatz, München, 1995 © KHM-Museumsverband

Kostümentwurf Monika von Zallinger Schattenlinie (Tankred Dorst) Akademietheater, Wien, 1986

Kostümentwurf Monika von Zallinger Schattenlinie (Tankred Dorst) Akademietheater, Wien, 1986 © KHM-Museumsverband

Die in Salzburg geborene Monika von Zallinger wurde zunächst als Gebrauchsgrafikerin ausgebildet. Bald wurde sie jedoch zur freischaffenden Künstlerin, die sich um Aufträge seitens der maßgeblichen Bühnen Europas nicht zu sorgen brauchte. Ihr Weg führte sie über die großen Häuser in München u. a. nach Hamburg, Berlin, Dresden, Leipzig und Wien. Dazu kamen Ausflüge nach Amsterdam, Athen, Basel, Mailand, Triest, Venedig und Zürich.

Sie selbst erinnert sich gern an dieses Leben voller Reisen, aber auch an ihre Lehrtätigkeit an Max Reinhard Seminar, an die Überreichung des Goldenen Verdienstzeichens des Landes Wien und an die Zusammenarbeit mit bedeutenden Regisseuren. Dazu zählt auch die Oper „Hoffmanns Erzählungen“ 1996 an der Bayerischen Staatsoper, inszeniert von Otto Schenk, dem Monika von Zallinger noch heute Rosen streut. Die von ihr gewandeten Figuren haben in dieser Ausstellung nach vielen Jahrzehnten wieder ihren großen Auftritt, egal ob bei Mozarts „Le nozze di Figaro“ an der Semperoper oder der heute wieder unbekannten Oper „Daniel“, deren Uraufführung 1994 am Staatstheater am Gärtnerplatz gefeiert wurde, der Komödie „Katzenzungen“ 2002 in der Josefstadt und „Eine Nacht in Venedig“ an der Volksoper Wien 1989. Dem Gedächtnis der Besucher wird erfreulicherweise auf die Sprünge geholfen, denn bei jeder der 13 gezeigten Produktionen bietet ein Theaterzettel die dem Betrachter nützlichen Informationen mit Stücktitel, Jahreszahl, Regie und dem auf den Zeichnungen verewigten Ensemble.

Ausstellungssujet © Theatermuseum

Ausstellungssujet, Theatermuseum © KHM-Museumsverband

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