Kultur und Weindas beschauliche MagazinMaximilian Lenz Wiener Straßenszene, um 1897 © Foto: ALBERTINA, Wien DIE WIENER BOHÈME Lustiges Zeichnen am Kaffeehaustisch
Die Herren waren durchwegs für Reformbewegungen aufgeschlossene Geister. Künstler, Architekten, Musiker, Schauspieler, Forscher und Journalisten trafen sich ab 1880 regelmäßig im Café Sperl und im Blauen Freihaus, dessen Wirt Josef Haagen nach Verlust eines a zum Namenspatron der lockeren Vereinigung wurde. Neben Trinken, Schmähführen und Kartenspielen wurde über Jahre auf den Tischplatten des Kaffeehauses gezeichnet. Die dabei entstandenen Werke wurden nach der Sperrstunde vom Herrn Ober einfach weggewischt. Dem Maler Ernst Stöhr dürfte leid um seine kreativen Schnellschüsse gewesen sein. Er brachte Papier, Farben und Stifte mit. Am 29. November 1888 wurde das erste Blatt angelegt. Die vom Cafetier bereit gestellte Mappe füllte sich schnell mit Karikaturen, frech sinnlichen Akten, grotesken Tieren oder humorigen Szenen in Stadt und Kaffeehaus. Es gab interne Wettbewerbe im Schnellzeichnen mit Titeln wie „Aussi möcht i“ oder „Hin is er“, deren Sieger sich an einem Kipferl oder einem Schnaps erfreuen durften.
1905 schenkte die Hagengesellschaft mit breiter Brust der Albertina ein Konvolut von über 800 Blättern. Die daraus gestaltete Ausstellung fand enorm positiven Widerhall bei der Kritik, von der die Leute dazu eingeladen wurden, sich in der Albertina ausnahmsweise zu unterhalten. Es gab kein Statut, dem sich die Mitglieder zu unterwerfen hatten. Derlei Regelungen und zwangsläufige Einschränkungen brachten der daraus hervorgegangene Hagenbund ab 1890 und die 1897 gegründete Secession. Die unverbindlichen Treffen wurden weiter gepflegt, von manchen Künstlern bis ins hohe Alter.
Mit der Ausstellung „Die Wiener Bohème. Werke der Hagengesellschaft“ (bis 12. Oktober 2025) hat die Albertina nebenbei ein gigantisches Opus für die österreichische Kunstgeschichte abgegeben. Kuratorin Elisabeth Dutz hat in penibler Kleinarbeit für Ordnung in diesem kunstvollen Chaos gesorgt. Zuerst musste aus dürftigen Quellen eine Liste der Beteiligten erstellt werden.
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