Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Heather Dewey-Hagborg und Chelsea E. Manning, Probably Chelsea, 2017 © Heather Dewey-Hagborg

VIENNA BIENNALE FOR CHANGE 2019 Schöne neue Werte

Burton Nitta (Michael Burton & Michiko Nitta), Algaculture. Near Future Algae 2010 © Burton Nitta

Mit der Kunst unsere Zukunft erklären und gestalten

Was nicht alles auf uns zukommt?! Werden wir uns in einer digital gesteuerten Welt, geleitet von künstlicher Intelligenz, verlieren? Oder gibt es statt der bisherigen Werte eine brauchbare neue Ethik? Kann soziale und ökonomische Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit verwirklicht werden? Das alles sind Fragen, die freilich nicht beantwortet werden können, aber man kann sie ansprechen und vor allem, man kann gemeinsam darüber nachdenken. Die Vienna Biennale mit dem Zusatz „for Change“ steht ganz im Zeichen des möglicherweise Kommenden. Auf den ersten Blick mag es unübersichtlich sein, Denn vorgesehen sind dafür neun Ausstellungen, eine übergreifende Konferenz und zahlreiche Projekte und Veranstaltungen, die bis 6. Oktober 2019 dazu einladen, sich, wie es dort heißt, „neuen Kosmen im Hinblick auf künstliche Intelligenz, neue Technologien, innovative Lebensweise, (städtische) Arbeitsmodelle und verantwortungsvollen Konsum zu öffnen.“ Was damit tatsächlich gemeint ist, muss man sich einfach anschauen oder mitzumachen versuchen.

Rachel Ara, This Much I'm Worth © Hydar Dewachi

Laut Christoph Thun-Hohenstein, dem Direktor des MAK, hat man sich mit der Suche nach neuen Werten für die digitale Welt an ein sensibles Thema herangewagt und weiter: „Im künstlerischen Freiraum der Biennale nimmt eine ökosoziale Digitale Moderne Form an.“ Orte des Geschehens sind da MAK, die Universität für angewandte Kunst, die Kunsthalle Wien, das Architekturzentrum Wien und die Wirtschaftsagentur Wien sowie das Slovak Design Center als neuer Associate Partner und das AIT Austrian Institute of Technology als außeruniversitärer Forschungspartner.

AImojis, 2019 Mithilfe von künstlicher Intelligenz erzeugte Emojis © Process Studio

UNCANNY VALUES. Künstliche Intelligenz & Du erforscht im MAK eines der wichtigsten Themen der kommenden Jahre. Zwischen viel Wissenswertem in den Ausstellungstexten haben 18 internationale Künstler und Designer ihre Ideen in Installationen realisiert und illustrieren damit teils handgreiflich das Gedruckte. So kann man mit einer Dame auf einem Bildschirm plaudern, die zwar nicht so recht das Wienerische verstehen will, weil sie nur Englisch spricht, aber doch auf ein gutes Wort hin zumindest verbal reagiert. In der Herstellung von Emojis ist die künstliche Intelligenz bereits meisterlich, wie das Process Studio mit Almojis 2019 beweist. Der Besucher darf immer wieder selbst mitspielen und sich mit der digital erzeugten Weisheit messen.

Beängstigend wirken hingegen die von der Decke baumelnden Köpfe von Heather Dewey-Hagborg und Chelsea E. Mannung mit dem Titel Probably Chelsea (1017) oder das Emotional Barometer 22 Global Mind Reader / Radar (2008) von Lynn Hershman Leeson, das mit seiner Technik tief in unser Seelenleben zu blicken vorgibt. Wirklich gespenstisch, also „uncanny“ wird´s, wenn Roboter einander zu unterrichten beginnen und ihre eigene Spracheentwickeln, wie es Luc Steels in einem Experiment zugelassen hat.

Tabita Rezaire, Ultra Wet – Recapitulation, 2017 Courtesy die Künstlerin & Goodman Gallery

Das Künstlerkollektiv Times´s Up ist der Meinung CHANGE WAS OUR ONLY CHANCE. Es führt in eine Stadt im Jahr 2047. Geschaffen wurde dafür ein erfahr- und betretbarer Ort, in dem man zurückblicken kann, was sich im Zeitraum seit 2020 so alles getan hat. Verspielter wird´s wieder im MAK DESIGN LAB und „Klimawandel“, wo ein Kühlschrank zwar ganz toll aussieht, mit Blick auf eine Stange Salami und einem Partyfach für die Bierkisten. Ohne den elektrischen Strom und ein Kühlaggregat kommt er jedoch noch nicht aus.

Ohne Steckdose funktioniert hingegen ein Fahrrad mit Sonnenkollektoren. Damit kommt man zwar nicht allzu weit, aber zumindest zum Ausstellungsprojekt KLIMAWANDEL! Vom Massenkonsum zur nachhaltigen Qualitätsgesellschaft, das in Kooperation des MAK mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gestaltet wurde. Immer wieder ist es die Stadt, die sich dem Zeitenwandel anpassen wird müssen. FUTURE FACTORY.

Urbane Produktion neu denken, SPACE AND EXPERIENCE Architektur für ein besseres Leben (MAK mit Wienerberger) oder „Stadt der Temperamente“, das in die Seeststadt zu einem experimentellen Theaterstück führt, beschäftigen sich genau damit. In der Kunsthalle sind die Frauen am Wort, wenn sie HYSTERICAL MINING betreiben und radikal-feministische und techno-feministische Theorien von den 1970ern bis zur Gegenwart ansprechen und damit bis zu einem gewissen Grad im Sinne der Biennal in die Zukunft weisen.

Architektur für ein besseres Leben ecoLogicStudio © NAARO
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