Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

BURLESQUE EXTRAVAGANZA Artistische Erotik mit Augenzwinkern

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Erinnerung an goldene Zeiten unbeschwert sinnlicher Unterhaltung

Die Kleidung der Besucherinnen ist fein ausgewählt und dem Anlass angepasst. Die Mode der 1920er-Jahre feiert fröhliche Urständ. Schimmernde Röcke und Blusen mit viel Lametta gewähren freizügige Einblicke, sogar der Friseur hat am Vormittag noch ganze Arbeit geleistet, um das Haar zum Bubikopf für Reif und Feder zu trimmen. Da müssen ihre Männer mitmachen, ob sie wollen oder nicht, und in Vintage-Sakkos und Hosen mit breiten Trägern schlüpfen. Im Vindobona ist schließlich „Burlesque Extravaganza“ vom Cirque Rouge angesagt.

Mr. Russel, Mocerator der Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Mr. Russel, Mocerator der Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Mr. Russell mit Glitzermantel und Zylinder ist die Verkörperung des pointierten Scherzes. Er begrüßt die Gäste und bereitet auf Englisch auch die letzte noch unsichere „Burlesque Jungfrau“ auf das schillernde Erlebnis vor. Die reizenden Cirquettes geben mit Gesang und Tanz einen Vorgeschmack auf den die Sinne anregenden Abend. Doro Decadence turnt im Outfit einer strengen Lady geschmeidig an der „Sex Swing“, einer doppelten Schlaufe, die mit jeder Bewegung ihre traumhafte Figur ins beste Licht setzt. Shamay ist wiederum eine Könnerin an den Hula Hoop Reifen, mit denen sie eine Wand von imaginären Rädern um sich aufbaut. Nicht fehlen darf der Striptease, mit dem die liebreizende Michelle Marvelous wohl eher den Herren den Atem nimmt. Bei einer dichten Abfolge von Nummern bis zum Jonglieren mit einem brennenden Stab als Höhepunkt vergeht die Zeit wie im Flug und schon ist es da, das Finale, in dem sich das wahrhaft sehenswerte Ensemble mit dem vielversprechenden Song „I´ll See You in My Dreams“ verabschiedet.

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Was ist nun Burlesque wirklich? Aus dem schlüpfrigen Witz, der italienischen Burla, wurde eine Bühnenkunst, die von der Schönheit des Frauenkörpers getragen wird. Verbunden damit ist Laszivität und ein Hauch von Frivolität, ohne die Würde der Künstlerinnen auch nur andeutungsweise zu verletzen. Wenn mit dem Popo einladend gewackelt wird, wenn ein Kleidungsstück nach dem anderen bis zu einer Idee von Reizwäsche fällt und so manche Bewegungen an einen Orgasmus erinnern, werden zweifellos Fantasien geweckt, die aber dort bleiben, wo sie hingehören, nämlich im Bett der Paare, die begeistert diese Show verfolgt haben. Männer gleich wie Frauen schätzen Burlesque, denn es geht nicht nur um Sex in faszinierend ästhetischer Form. Die Darstellerinnen sind gleichzeitig grandiose Artistinnen.

Sie verstehen es virtuos, das akrobatische Können mit ihren weiblichen Reizen zu überhöhen. Dass der Humor nicht zu kurz kommt, dafür sorgt ein Conférencier mit launigen Kommentaren, die das Publikum mitreißen und zu Mitspielern verwandeln. Man nippt von den Drinks und überlässt sich dem Gesang, der Erotik und dem Zirkus ganz wie in alten Zeiten, als Unterhaltung noch frei von säuerlich moralischen und anderen „woken“ Vorbehalten einfach nur genossen werden durfte.

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Burlesque Extravaganza © Mark Voelker

Enrique Gasa Valga Dance Company © Thomas Kirchgraber

Enrique Gasa Valga Dance Company © Thomas Kirchgraber

VIVA LA VIDA Getanzte Verbeugung vor Frida Kahlo

Tanzpaar auf der Bühne des Vindobona

Tanzpaar auf der Bühne des Vindobona

Eine Dance Company setzt höchst emotional die Tagebücher der außergewöhnlichen Malerin um.

Es waren nur Kostproben, ein „Duft“, wie Enrique Gasa Valga sagte, die am 6. November 2025 im Vindobona von „Viva la Vida – A Tribute to Frida Kahlo“ zu erleben waren. Aber die machten Appetit auf die Show, die ab 13. Jänner 2026 in der Halle E im MuseumsQuartier das leidenschaftliche Leben dieser mexikanischen Malerin auf emotional mitreißende Weise darstellen wird. Der Spanier Enrique ist Leiter einer Dance Company und hat seiner Choreografie die Tagebücher der Künstlerin und damit intimste autobiografische Äußerungen zugrunde gelegt. Allein die beiden Solotänzerinnen (Lara Brandi, Alice Amorotti) verkörpern den inneren Zwiespalt der Malerin, ihre Stärke auf der einen Seite gegenüber einer seelischen Verletzlichkeit, die sowohl in ihren Bildern als auch im Kontrast ihrer äußeren Erscheinung deutlich werden.

Zwei Mal Frida Kahlo mit Partner © Thomas Kirchgraber

Zwei Mal Frida Kahlo mit Partner © Thomas Kirchgraber

Musiziert wird live von einer fünfköpfigen Band mit Piano, Trompete, Gitarre, Bass und Akkordeon unter der Leitung von Roberto Tubaro. Die mexikanischen Klänge, von Mariachi bis Bolero, sind die Grundlage für das Ballett und für Lead-Sängerin Elisa Gobbi. Deren kraftvolle ausdrucksstarke Stimme ist das ideale Äquivalent für eine Frau, die im Laufe ihres Lebens mit zahlreichen Herausforderungen und Widrigkeiten konfrontiert war, aber sie alle mit ungeheurer Kraft und Widerstandsfähigkeit bewältigt hat.

Tickets und mehr mit einem Klick auf das Logo unten

Viva la Vida, Logo der Dance Company

Drey Sarich als Hedwig © Katharina Schiffl

Drey Sarich als Hedwig © Katharina Schiffl

HEDWIG AND THE ANGRY INCH Vom Mann zur Frau Träumen nachjagen

Drey Sarich als Hedwig ohne Perücke © Katharina Schiffl

Drey Sarich als Hedwig ohne Perücke © Katharina Schiffl

Ein Rockmusical erzählt von Geschlechtsumwandlungen hinter der Berliner Mauer.

Auf den die Bühne beherrschenden Boxen der Tonanlage spielen Heads with Wigs (Perücken auf Modellköpfen) bereits auf den ersten Teil des Titels dieses Rock-Musicals an, das nach einem Buch von John Cameron Mitchell mit Musik und Gesangstexten von Stephen Trask vom Broadway ausgehend längst in aller Welt sagenhafte Erfolge feiert. Es könnte sich um eine Transvestiten-Show handeln, aber zur Hedwig gibt es noch den Angry Inch, das Ergebnis eines schmerzhaften Schnitts, der nach der operativen Entfernung des Zumpferls als unzureichende Möse verblieben ist. Das Opfer dieses Kunstfehlers hat Hansel geheißen und war in der DDR aufgewachsen. Im Radio ließen sich die Sendungen des American Forces Network auch im Osten empfangen und schufen beim heimlichen Hören einen Traum vom Westen. Ein riesiges Gummibärli mit dem Geschmack nach Macht schafft sowohl ein Loch in der Berliner Mauer und als auch im Unterleib der nunmehr nach ihrer Mutter Hedwig gerufenen Frau. Sie geht mit Sugardaddy in die USA, um dort enttäuscht zu werden. Am tiefsten getroffen wird sie von Tommy Speck, den sie als GNOSIS ganz groß herausbringt, der sich aber mit einem angry Inch so gar nichts anzufangen weiß.

Hedwig Drew Sarich und Gitarrist Chris Harras © Katharina Schiffl

Hedwig Drew Sarich und Gitarrist Chris Harras © Katharina Schiffl

Hedwig Dew Sarich, Yithhak Ann Mandrella © Katharina Schiffl

Hedwig Dew Sarich, Yithhak Ann Mandrella © Katharina Schiffl

Es ist eine traurige Geschichte, die Drew Sarich auf den Leib geschrieben zu sein scheint. Er tritt als pompöse Dragqueen auf, mit kunstvoll exaltierter Lustigkeit und dem schlüpfrigen Schmäh dieses Genres, wenn er beispielsweise von Leuten erzählt, die unter ihm gekommen sind, pardon, die ihm untergekommen sind, und ob der schrägen Pointe seine Zunge in teuflischer Geilheit rotieren lässt.

Er hat die Musik im Blut, die in teils gefühlvollen Songs, aber auch mit kräftig rockigem Background über seine verzweifelte, aber ergebnislose Suche nach der zweiten Hälfte seines Ichs berichtet. Sokrates, schau owa! Ihm zur Seite steht ein wortkarger junger Mann, Yitzhak, der scheinbar brav und beflissen beim Auftritt seiner Chefin assistiert. Ann Mandrella verrät die Stimme als Frau, die mit hellem Sopran im Hintergrund die Harmonie verstärkt. Wenn Hedwig in Good Old Europe auf Tournee geht, just in den Orten auftritt, wo gerade GNOSIS in vollen Hallen mit den von ihr geraubten Hits tausende Menschen zum Rasen bringt, muss sich die Begleitband mit dem Namen „The Angry Inch“ abfinden. Felix Reischl am Keyboard, Chris Harras an der Gitarre, Bassist Lukas Popp und Percussionist Titus Vadon sind aufmerksame Mitspieler in der Handlung, die Regisseur Werner Sobotka mit aufschlussreichen Videos kommentiert. Als es bei der Premiere hieß „Lift Up Your Hands!“, ließ sich das Publikum nicht zwei Mal bitten, diesen Abend im Vindobona lautstark und frenetisch zu feiern.

Drey Sarich als Hedwig © Katharina Schiffl

Drey Sarich als Hedwig © Katharina Schiffl

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

CULINARICAL 7.0 Genuss hoch 2: Musical & Dinner

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Eine Reise durch die Welt, auf der Bühne und auf dem Teller

Mathematiker mögen die Stirn runzeln: Musical und Speisen sind zwei Dinge, die Spaß machen, und nicht mehr! Doch! wage ich zu behaupten. Denn in dieser Kombination potenziert sich der Genuss, ganz ohne Rechnen. CulinariCAL ist damit zu einem überaus erfolgreichen Format geworden. Heuer macht es bereits zum siebten Mal das Vindobona zum unwiderstehlichen Anziehungspunkt für ein Publikum, das offen ist sowohl für gute Musik als auch für die Kunst aus der Küche. Von Regisseurin Rita Sereinig wurde dem Ganzen ein durchaus nachvollziehbares System zugrunde gelegt. Sowohl Musikprogramm als auch die Speisenfolge sind thematisch auf drei Stationen aufgeteilt. Von Wien geht es über den Atlantik nach New York und dann wieder zurück in die Alte Welt nach London.

Culinarical 7.0, das Dessert

Culinarical 7.0, das Dessert

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Nachdem sich Wien schon vor Jahrzehnten zu einer Musicalmetropole gemausert hat, sind Produktionen wie „Mozart“, „Elisabeth“, „I am from Austria“ oder das derzeit noch im Ronacher live zu erlebende „Rock me Amadeus“ absolut Home Made. Kunstvoll flimmernde Projektionen übertragen die jeweilige Stimmung der Songs auf Raum und Bühne, auf der ein Ensemble von ausgesuchten Musicalröhren Klassiker und Neuerscheinungen ins Vindobona schmettert. Am Werk sind Melanie Gebhard, Daniela Lehner, Tanja Petrasek, Melanie Engl, Konstantin Zander, David Mannhart, Chris Green und Lukas Weinberger. Dass Arrangements und Takt stimmen, dafür sorgt Andreas Brencic. Die Zuhörerschaft kann darauf ihre volle Konzentration verwenden.

Denn die Vorspeise befindet sich bereits im Magen; ein Duett vom Tafelspitzsülzchen und Consomme, also Wiener Rindssuppe, die mit geschmorten Babykarotten offeriert werden. Ein Filet Mignon, getrüffeltes Erdäpfelpüree, Onion Rings, Spinat Velouté und Cole Slaw (amerikanischer Krautsalat) ist die Bordverpflegung für den Flug nach New York City. Aus der Gegenrichtung direkt importiert vom Broadway und anderen prominenten Musicalbühnen wurden die Hits u. a. aus „New York, New York“, „The Book of Mormon“ und „Jersey Boys“. Dem guten alten London hat man das Dessert gewidmet in Form einer Pistazien-Schoko Mousse mit Haselnuss Meringue, Erdbeer-Vanille Coulis und Basilikum Kresse. Ob die Engländer derlei Speisen wohl in dieser Qualität zu kosten bekommen, darf bezweifelt werden. Sicher ist aber, dort waren Musicals wie „Mary Poppins“, „Sunset Boulevard“, „Mamma Mia“ und „Les Misérables“ Dauerbrenner, die im Finale Grande den Solisten Lukas Weinberger samt Ensemble mit „Best day ever“ aus „The Spongebob Musical“ das einzig passende Resümee für diesen Abend ziehen lassen.

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

Culinarical 7.0, Ensemble © Katharina Schiffl

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