Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Martin Berger, Boris Pfeifer, Uwe Kröger, Niklas Doddo, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden

Martin Berger, Boris Pfeifer, Uwe Kröger, Niklas Doddo, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden

SPAMALOT Ein Musical so schräg wie Monty Python

Artur Ortens, Uwe Kröger © Christian Husar/Bühne Baden

Artur Ortens, Uwe Kröger © Christian Husar/Bühne Baden

Die Ritter der Kokosnuss erobern die Bühne im Beifallssturm.

Bei diesem Haufen Verrückter steht ein Historiker zwangsläufig auf verlorenem Posten. Boris Pfeifer im seriös faden Outfit eines Wissenschaftlers versucht die Geschichte von König Artus zu erzählen. Angeblich hat dieser Mann mit seinem Schwert Excalibur die hartnäckig zerstrittenen Briten zu einer Nation vereint. Schon bei der ersten Chornummer zeigt sich Widerstand, als statt mittelalterlicher Gesänge ein fröhliches finnisches Volkslied zu besten gegeben wird. Nicht Finnland, England! lautet die Devise. Pferdegetrappel verheißt die Ankunft des sagenhaften Königs. Artus in der festlichen Montur der damaligen Herren hoppelt herein, gefolgt von seinem getreuen Knappen Patsy, der mit zwei Kokosnusshälften den Hufschlag eines Rosses imitiert. Eine Diskussion mit zwei Burgwachen, wie diese exotische Frucht ins gemäßigte Britannien gekommen sein könnte, führt direkt in die krause Ideenwelt der Monty Pythons, in der nichts gerade und schon gar nicht logisch sein darf. Der Film war bereits ein Kassenfüller, das daraus gefladerte Musical „Spamalot“ (Uraufführung 2005) mit Buch & Songtexten von Eric Idle und der Musik von John Du Prez stand nicht dahinter zurück. Preisgekrönt lockte es vom Broadway ausgehend auf der ganzen Welt massenweise Publikum in die Theater und landete spät aber doch am 12. Juli 2024 erfolgreich auf der Bühne Baden.

Samir Bellido, Niklas Doddo, Boris Pfeifer, Alessandro Giovine © Christian Husar/Bühne Baden

Samir Bellido, Niklas Doddo, Boris Pfeifer, Alessandro Giovine © Christian Husar/Bühne Baden

Reinwald Kranner, Boris Pfeifer © Christian Husar/Bühne Baden

Reinwald Kranner, Boris Pfeifer © Christian Husar/Bühne Baden

Regisseur Werner Sobotka hatte also genügend Vorbilder und holte sich offenbar das Beste aus allem in seine Inszenierung und erweist sich vor allem als sorgsamer Pfleger einer überbordenden Wucherung von Gags. Mit der Ausstattung von Christian Floeren und der Choreographie von Ramesh Nair wurden zwei nicht unbekannte Herren verpflichtet, die ihrem hervorragenden Ruf für humorige Umsetzungen mehr als gerecht wurden. Das frühe Mittelalter in seiner heiteren Düsternis beherrscht die Schauplätze, auf denen eine Reihe seltsamer Gestalten ihr Unwesen treiben. Die Besetzung ist ein wahres Staraufgebot, das sich tapfer mit John Cleese, Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin anlegt und die Filmvorbilder bald vergessen lässt, naja, nicht ganz, aber doch so weit, dass man deren endemische Komik genießen und dazu herzlich lachen kann. Nicht unwesentlich trägt dazu Ann Mandrella bei. Sie gibt die Fee aus dem See, die gern darüber jammert, dass sie zu wenig eingesetzt ist. Dabei verdankt laut Musical Artus ausschließlich ihr seine Königswürde. Wenn sie aus ihrem feuchten Untergrund auftaucht, ist jedenfalls ordentlich was los. Begleitet wird sie von willigen Cheerleadern, während sie selbst in grandioser Komik virtuos mit ihrer Stimme spielt.

Ensemble als finnischer Chor © Christian Husar/Bühne Baden

Ensemble als finnischer Chor © Christian Husar/Bühne Baden

Ann Mandrella, Drew Sarich, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden

Ann Mandrella, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden

Eine tragende Rolle spielt Niklas Doddo als Knappe, darf aber auch u. a. als französischer Wächter mit „blödem“ Accent die Engländer unflätig verhöhnen. Als Sir Robin wird Martin Berger neben einigen anderen kuriosen Aufgaben zu einem achtbaren Mitglied dieser Bande, die auf der Suche nach dem Heiligen Gral die Umgebung unsicher macht. Rainwald Kranner trägt unter seiner Rüstung sicherheitshalber SM-Dessous, um damit Sir Lanzelot angesichts von Prinz Herbert (wieder Boris Pfeifer) mutig als queer zu outen. Der Feschak vom Dienst ist Drew Sarich. Malerisch als Sir Dennis Calahad zieht er nach Camelot, büßt aber zwischendurch als Schwarzer Ritter Arme und Beine ein. Artur Ortens ist Sir Bedevere, der sich wie die anderen Ritter an SPAM laben darf.

Hinter diesem heute allgegenwärtigen Wort für verhasste Junkmails steckt „Spiced Ham“, das den Monty Pythons 1970 einen ganzen Sketch wert war und mittlerweile seinen Siegeszug durch unsere Computer angetreten hat. Gastgeber im lustigen Camelot ist König Artus. Mit hinreißend melancholischem Blick versucht Uwe Kröger eine Tafelrunde, einen Suchtrupp nach dem Gral und das Kreativteam für ein Musical zu rekrutieren. Für derart hochgesteckte Ziele muss sogar der Liebe Gott Verständnis haben. Er erscheint persönlich und staucht die Ritterschaft unsanft zusammen. Okay, man sieht nur seine Füße, der Rest versteckt sich in den Wolken, aber man hört seine mächtige Stimme, und die klingt verdächtig nach Michael Niavarani. Ach ja! Dazwischen wird auch gesungen, zum Beispiel aus „Life of Brian“, um den deprimierten König aufzuheitern. „Always Look on the Bright Side of Life!“ ist eine feine Draufgabe an einem Abend, der angefangen beim flotten Orchester unter Victor Petrov, einem launig agierenden Chor bis zum für mittelalterliche Verhältnisse recht freizügig tanzenden Ballett nichts, aber schon gar nichts zu wünschen übrig lässt.

Boris Pfeifer als Noch-Nicht-Tot-Fred) © Christian Husar/Bühne Baden

Boris Pfeifer als Noch-Nicht-Tot-Fred © Christian Husar/Bühne Baden

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