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Ausstellungsansicht "Ashley Hans Scheirl"

Ausstellungsansicht "Ashley Hans Scheirl"

ASHLEY HANS SCHEIRL Kreatives Chaos In & Out of Painting*

Ausstellungsansicht „Ashley Hans Scheirl"

Ausstellungsansicht „Ashley Hans Scheirl"

Übersichtsschau einer späten Wilden ohne jede Hemmung vor destruktiver Kunst

Auf kleinen Fernsehgeräten, wie man sie bis in die 1990er-Jahre verwendet hat, laufen Videos, deren verwackelte Bilder Szenen zeigen, die von einem Vertreter des Wiener Aktionismus stammen könnten. So treibt eine nackte mit Nägeln gespickte Frau ihr „Queeres Spiel der Hanswurst*innen“ und lässt sich via Bildschirm bei ihrer Marter gelassen beobachten. Ashley Hans Scheirl (*1956), man muss es so rüde formulieren, scheißt sich nichts um die Empfindlichkeiten anderer, wenn es ihr um eine entscheidende Ansage an die Gesellschaft geht. Schließlich gilt sie als prägende Stimme einer queer-feministischen Avantgarde und sie verhandelt „trans*idente“ (was immer das heißen mag) „Kunst mit großer formaler Freiheit“, aber auch mit einer seltsamen Art von Humor. So ragt im Obergeschoß des Belvedere 21 aus einer Installation heraus eine mehrere Meter lange stramme „Scheißwurst“, die man mutig passieren muss, um in den Rest der Ausstellung zu gelangen.

 Ashley Hans Scheirl, The Alchemist's Fetish, 2021  Courtesy Galerie Crone Berlin/Wien

Ashley Hans Scheirl, The Alchemist's Fetish, 2021 Courtesy Galerie Crone Berlin/Wien

Ausstellungsansicht „Ashley Hans Scheirl"

Ausstellungsansicht „Ashley Hans Scheirl"

Scheirl hat´s an sich mit Fäkalien, die sich in „The Alchemist´s Fetisch“ (2021) genauso finden wie in etlichen anderen Werken, die sich eher zufällig hingeschmissen ausnehmen. Übergossen mit Körperflüssigkeiten, flankiert von Cyborgs und Mutanten, verziert mit kapitalistischen Symbolen wie Gold und Diamanten offenbart sich subversiver Witz. Sexuell konnotierte Direktheit schrammt hart am Schweinigeln und analytische Schärfe muss im Durcheinander so mancher Anhäufung krauser Ideen erst entdeckt werden. Kurator Sergey Harutoonian weiß, dass die Künstlerin klassische Ordnungssysteme ebenso wie museale Konventionen der Präsentation hinterfragt und sich konsequent einer linearen Erzählweise verweigert. Angefangen hat Scheirl als Malerin.

Ihre Bilder dehnen sich in Rosa, Gelb und Türkis über die Stellwände hinaus im Raum zu bühnenhaften Architekturen aus. Immer wieder ist Ashley daraus ausgestiegen, um sich performativ, in der Skulptur etc. zu verwirklichen. Damit ist ein vor und zurück durch die jüngere Kunstgeschichte inklusive Popkultur und feministische Theorien entstanden, die sie auf ihre Weise dekonstruiert und neu auflädt. So erklärt sich auch der Titel als das drinnen und draußen einer Malerei, die mit dem Gendersternchen auf Vielfalt und Inklusion verweist, die ihr Werk seit den späten 1970er-Jahren prägen. Begeistert äußert sich Generaldirektorin Stella Rollig darüber, dass sie dieser Künstlerin erstmals ein Wiener Museum als Plattform bieten kann, einem „Plädoyer für die Freiheit der Kunst – und für ein Denken jenseits binärer Ordnungen.“ Ashley selbst drückte ihre Berufung einst in einem Ateliergespräch mit dem spanischen Philosophen Paul B. Precado so aus: „Du wirst mich für verrückt halten, aber ich wollte ein ,richtiger Künstler´ werden, in der Kunstszene ankommen, in Galerien, Museen – der ganze Scheiß.

Selbstporträt von Ashley Hans Scheirl

Selbstporträt von Ashley Hans Scheirl

 Ausstellungsansicht Jonathan Monk. Limited Company, Belvedere 21  Foto: Johannes Stoll / Belvedere,

Ausstellungsansicht Jonathan Monk. Limited Company, Belvedere 21 Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

JONATHAN MONK LTD COMPANY GmbH der konzeptuellen Aneignung

Jonathan Monk, WEST WIND, 2025, raising flags, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Jonathan Monk, WEST WIND, 2025, raising flags, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Blickfang Mannerschnitten als listige Täuschung über die „wahre“ Kunst dahinter

Ein Blatt Papier in Lachsrosa wird zum unabdingbaren Begleiter zwischen den Ideen des Engländers Jonathan Monk, der bis 21. September 2025 unter dem Motto „Limited Company“ im Belvedere 21 zu Gast ist. Denn auf den ersten Blick ist wenig vom Schaffen eines der „international bedeutendsten Vertreter konzeptueller Gegenwartskunst“ (© Belvedere 21, Kurator Axel Köhne) zu entdecken. Freilich sind einige Objekte nicht zu übersehen. Ein Lastenrad findet sich auf dem gedruckten Führer unter „A Stationary Metamorphosis Within a Geometric Figure (Cube)“, das von den Kuratoren immer wieder umgeparkt werden soll, wohl um seine Ladung, den im Titel angesprochenen Würfel, zu neuer Geltung zu bringen. Man versucht etwas hilflos den dazu vorbereiteten hochphilosophisch formulierten Text zu verstehen, um bei Marcel Duchamps und Readymade endlich in die Spur von JM zu kommen. Es handelt sich um eine der zahlreichen konzeptionellen Aneignungen, die das Wesen im Schaffen des Briten ausmachen.

Ausstellungsansicht Jonathan Monk, Ltd Company, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Ausstellungsansicht Jonathan Monk, Limited Company, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

 Jonathan Monk, Untitled (Me Naked in the Kitchen), 2004  Foto: Anders Sune Berg

Jonathan Monk, Untitled (Me Naked in the Kitchen), 2004 Foto: Anders Sune Berg

Der Besuch der Ausstellung ist eher ein Prozess des Grübelns als die erwartete Kunstbegegnung. Treffender ist der Ausdruck „Bezugspunkte“, wenn man auf Positionen von On Kawara, Sol LeWitt, Louise Lawler oder Franz West stößt. Entlang eines 35 Meter langen Vorhangs, benannt „Exhibit Model Nine“, hat sich JM nicht uneitel ein Denkmal errichtet. Bedruckt sind die 22 Stoffbahnen mit Installationsansichten vergangener Ausstellungen in Berlin, Montreal, Tel Aviv, Kopenhagen und Wien. Verschämt präsentieren sich dagegen Arbeiten wie „Separated“ (zweigeteilte Fotos von Paaren, Flohmarktfunde, die JM dafür zerrissen hat) oder farbkräftige „Parrot Paintings“, denen Texte des US-amerikanischen Konzeptkünstlers John Baldessari zugrunde liegen. Was sonst noch alles an tieferem Sinn dahintersteckt, bitte dazu den Begleittext zu konsultieren.

Dort findet sich auch die Lösung des Rätsels, was ein glänzender, rosa Würfel Mannerschnitten im Museum zu suchen hat. Wurde der ausufernde Titel „Display Case with Contents Determined by Here and Now“ dank nützlicher Englischkenntnisse erfolgreich überwunden, sollte der Groschen gefallen sein. Es geht nicht um die wunderbare Wienerische Nascherei, sondern um die Acrylvitrine mit sechs Neon-Leuchtstoffröhren. Lange vor Jonathan Monk hat u. a. Jeff Koons diese Glaskästen als Bedeutungsträger eingesetzt und sie mit alltäglichen, unscheinbaren Gegenständen bestückt. Da auch hier der Auftrag besteht, den banalen Inhalt laufend zu wechseln, bleibt es spannend, wodurch der Ausstellungsort Wien demnächst vertreten sein wird; durch einen Augarten-Lipizaner, einen Sängerknaben oder eine Schneekugel mit Riesenrad? Eines dürfte aber gewiss sein: Die Waffeln im Zeichen des Steffls haben JM geschmeckt. Wie man dazu lesen kann, „widmet sich (darin) Monk der Verbindung von persönlichen Interessen und emotionalen Erfahrungen mit abstrakten künstlerischen Konzepten. (© Belvedere 21).“

Ausstellungsansicht Jonathan Monk, Ltd Company, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Ausstellungsansicht Jonathan Monk, Limited Company, Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien

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