Kultur und Weindas beschauliche Magazinbrut favorites.! feilacher´s choice, Ausstellungsansicht feilachers´s choice Favoriten in der Abschiedsausstellung
1986 übernahm Johann Feilacher von Leo Navratil, dem Entdecker einer potenten Art Brut-Szene, die von ihm geleitete Nervenklinik Maria Gugging. Feilacher ist ebenfalls Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, gleichzeitig aber auch versehen mit einem ausnehmend breiten Verständnis für alles, was Kunst sein kann. Damit war er der ideale Mann, um das Zentrum für Kunst- und Psychotherapie in das Haus der Künstler umzuwandeln. Skeptiker verstand er mit seiner ruhigen Art zu überzeugen, dass es sich dabei nicht um ein Sozialprojekt handelt, sondern um eine Einrichtung, die definitiv der Kunst dient. Für die dort versammelten und tätigen Talente knüpfte er weiter am internationalen Netzwerk und verschaffte so den Gugginger Künstlern weltweite Anerkennung, die sich allmählich auch in Österreich herumspricht. 2006 wurde das museum gugging eröffnet und von Feilacher mit regelmäßigen Ausstellungen bespielt. Nach diesen langen und erfolgreichen Jahren sah der Direktor nun die Zeit gekommen, sich in eine Art Ruhestand zurück zu ziehen und das Art Brut Center in Maria Gugging in die Hände der langjährigen Mitarbeiterin Nina Ansperger zu legen.
Dem Abschied widmet der scheidende Direktor die Sonderausstellung „brut favorits.! Feilachers choice“ (bis 5. März 2023). Seine Auswahl ist freilich sehr persönlich, oder wie er mit einem Anflug von Lächeln sagt: „Ich zeige dafür das, das ich mir zuhause aufhängen würde, wenn ich es mir leisten könnte.“ Werke der Art Brut erzielen auf dem Kunstmarkt längst astronomische Preise. Aber es sind auch überraschend neue Entdeckungen zu sehen. August Walla (1936-2001) hatte seine Badehütte künstlerisch gestaltet, mit Texten, die sich auf seine geliebte Mutter beziehen oder mit Hammer und Sichel auf die Zeit, als er sich nach dem Dasein als „Nazimädchen“ zum „Kommunistendoppelknaben“ umoperiert wähnte. Fußboden und Wandbretter wurden geborgen und machen neben „small formats“, kleinen Textzeichnungen im Querformat, und dem extrem detailliert bemalten vierteiligen Bild von Manuel Griebler den Beginn der Ausstellung. Simone Pellegrini, Setsa farsia (2022) und Skulptur aus Papierfetzen Den zweiten Teil dominieren Fingerzeichnungen von Louis Soutter (1871-1942), die frappant an den 30 Jahre späteren Jean-Michel Basquiat erinnern und damit die Zeitlosigkeit dieser Form der „rohen“ Kunst beweisen. Einen Raum weiter trifft man auf dick verschnürte Pakete, die Textilskulpturen von Judith Scott (1943-2005). Bei ihr lauteten die Diagnosen Down-Syndrom und Taubheit, denen sie mit Zwirn, Wolle und Fäden begegnete und damit Alltagsgegenstände bis zur Unkenntlichkeit umwickelte. Weit zurück in die von Kunst geprägte Menschheitsgeschichte weisen hier Schilde aus dem Hochland von Neuguinea, als Beispiele der Bildsprache von Tribal Art.
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