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Malyj Trostenez Ausstellungsansicht

MALYJ TROSTENEZ Erinnerung an einen NS-Vernichtungsort

Detail der Ausstellung Malyj Trostenez

Eine Wanderausstellung als Beitrag zum düsteren Mosaik der Shoa

Man hätte ihn vielleicht sogar gerne vergessen, den Vernichtungsort Malyj Trostenez nahe der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Doch die Gräuel, die dort zwischen 1942 und 1944 passierten, haben unverwischbare Spuren hinterlassen, nicht so sehr in Baracken oder Arbeitsstätten wie in anderen Konzentrationslagern. Der Tod hat sich in den Wäldern und auf den grob geschotterten Straßen eingenistet, um jedem Vorbeikommenden mit seiner Fratze entgegenzutreten und ihn an das unbegreifliche Geschehen zu erinnern. In Malyj Trostenez wurde einfach gemordet; im Namen einer Ideologie, die uns Heutige fassungslos vor der Grausamkeit, derer Menschen fähig sind, schaudern lässt; verbunden mit der latenten Angst, dass das damals Mögliche immer wieder zurückkehren kann. Opfer waren großteils Juden, die mit dem Angriffskrieg gegen die Sowjetunion im Juni 1941 aus dem ganzen Reich in Lager deportiert wurden. Aus Wien wurden innerhalb eines Jahres fast wöchentlich 1.000 Personen in Sammellagern im 2. Wiener Gemeindebezirk interniert und von dort in offenen Lastwagen zum Aspangbahnhof gebracht.

Malyj Trostenez Ausstellungsansicht © Markus Guschelbauer

Man weiß von 45 Transporten, mit denen mehr als 45.000 Menschen in Viehwaggons abtransportiert wurden. Eingiermaßen nachvollziehbar sind neun Transporte aus Wien nach Malyj Trostenez zwischen Mai und Oktober 1942. Der Ort war abgelegen, jedoch mit der Bahn erreichbar und damit für die NS-Behörden der geeignete Exekutionsort für Massenerschießungen. Die Leichen wurden vorerst begraben, mit dem Anrücken der Roten Armee ließ man sie jedoch, um Beweise zu vernichten, ausgraben und verbrennen, nicht ohne danach auch die dazu eingeteilten Gefangenen umzubringen.

Malyj Trostenez Ausstellungsansicht © Markus Guschelbauer

Die Wanderausstellung „Malyj Trostenez – ein Ort ohne Wiederkehr“ (zweisprachig: Deutsch und Russisch) ist bis 27. Oktober 2019 im Haus der Geschichte Österreich (hdgö) am Alma-Rosé-Plateau eingerichtet, in unmittelbarem Zusammenhang also mit dem Altan, von dem aus Adolf Hitler den „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich verkündete. Österreich spielt auch in diesem geografisch fernen Ort in Weißrussland eine des schuldigen Gedenkens würdige Rolle.

Den Finger auf die Wunde gelegt hat unter anderem Frau Waltraud Barton vom Verein „IM-MER Malyj Trostenez erinnern“. Sie konnte bewirken, dass 2018 Bundespräsident Alexander van der Bellen den Grundstein für ein Denkmal gelegt hat, das im März 2019 von Bundeskanzler Sebastian Kurz der Öffentlichkeit übergeben wurde. Für die Ausstellung, die bereits durch Deutschland, der Schweiz, Tschechien und Belarus getourt ist, wurde daher ein eigener Österreich-Teil erarbeitet. Das hdgö in Kooperation mit dem Vienna Wiesenthal Institut für Holokaust-Studien konnte Biografien österreichischer Opfer erarbeiten. Es wurden auch Täter eruiert, die jedoch durch eine verfehlte Aufarbeitung des Gedenkens durch die österreichische Nachkriegsjustiz trotz des Engagements Simon Wiesenthals rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen wurden.

 

Die kolportierten Opferzahlen sind erschütternd. Die Rede ist von 55.000 bis 60.000 Ermoderten in Malyj Trostenez, unter denen sich überwiegend Juden aus Weißrussland und dem deutschen Reich befanden, aber auch sowjetische Kriegsgefangene und als Partisanen verdächtige Zivilisten.

Nach dem größten Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau wurden hier die meisten österreichischen Opfer der Shoa ermordet. Es soll sich um knapp 10.000 Juden gehandelt haben, von denen nur 22 überlebt haben, da sie von der SS als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Aber was sollen Zahlen? Wesentlich ist die Betroffenheit, die uns angesichts des Gezeigten vor diesem an sich kleinen Bausstein eines gewaltigen düsteren Mosaiks unserer Vergangenheit erfassen sollte.

Malyj Trostenez Ausstellungsansicht © Markus Guschelbauer
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