Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Daniela Dett, Ensemble © Herwig Prammer

Daniela Dett, Ensemble © Herwig Prammer

WONDERLAND Eine verrückte Teeparty mit Alice & Co.

Christian Fröhlich, Valerie Luksch © Herwig Prammer

Christian Fröhlich, Valerie Luksch © Herwig Prammer

Das Musical als hochmoralische Interpretation der Bücher von Lewis Carroll

Alice Cornwinkle ist eine Karrierefrau mit den üblichen Problemen, die sich einer noch verheirateten berufstätigen Mutter in den Weg des Aufstiegs stellen. Mit Jack, einem unterbeschäftigten Saxophonisten, lebt sie in Scheidung und muss dem jungen Mann trotzdem dankbar sein, dass er sich um die gemeinsame Tochter Chloe kümmert. Sie konkurriert mit der Kollegin Maddie Quizzle um die Nachfolge der scheidenden Chefin Everheart. Den Posten bekommt diejenige, die innerhalb von 24 Stunden das spannendste Computerspiel entwickelt. War dieser Tag zu anstrengend? Jedenfalls schläft Alice in ihrem Büro ein und gerät in einen turbulenten Traum, besser gesagt, in das WONDERLAND, das vor mehr als 150 Jahren Lewis Carroll erdacht und in zwei Büchern erzählt hat. Es ist eine verrückte Welt mit völlig seltsamen Bewohnern, die vom Autor ursprünglich zur Unterhaltung heranwachsender Mädchen verfasst wurde, aber längst Weltliteratur geworden ist und sogar trockene Wissenschaftler ernsthaft beschäftigt.

Daniela Dett, Ensemble © Herwig Prammer

Daniela Dett, Ensemble © Herwig Prammer

Valerie Luksch, Enrico Treuse © Herwig Prammer

Valerie Luksch, Enrico Treuse © Herwig Prammer

Das Musical nach einem Buch von Jack Murphy und Gregory Boyd und Musik von Frank Wildhorn ist von Carroll zumindest inspiriert, vor allem was das Personal des Wunderlands betrifft. Die bekanntesten Figuren sind die grausame Herzkönigin und das hektische Kaninchen mit einer rückwärts laufenden Digitaluhr, das deswegen immer zu spät dran ist. Aus der Grinsekatze wird El Gato, ein Tänzer, der mit einer Raupe, dem Kaninchen und einem weißen Ritter die junge Frau bei deren Abenteuer begleitet. Alice wird Teil eines Spiels, bei dem sie mit dem Hutmacher um das Erreichen eines unmöglichen Felds kämpft, um am Ende zur Erkenntnis zu gelangen, dass beruflicher Erfolg wesentlich weniger zählt als die Liebe zur eigenen Familie.

Valerie Luksch, Eva Winkelhofer © Herwig Prammer

Valerie Luksch, Eva Winkelhofer © Herwig Prammer

Max Niemeyer, Christian Fröhlich, Valerie Luksch, Ensemble © Herwig Prammer

Max Niemeyer, Christian Fröhlich, Valerie Luksch, Ensemble © Herwig Prammer

Das Musiktheater Linz hat die geheimnisvollen Tore zum Wonderland aufgetan und am 8. September 2024 eine bejubelte Premiere dieses Musicals gefeiert. Unter der musikalischen Leitung von Tom Bitterlich werkt die Club-Wonderland-Band im Graben vor der Bühne und umhüllt das Publikum mit fettem Sound zu einem durchwegs stimmgewaltigen und spielfreudigen Ensemble dieser verrückten Teeparty. Valerie Luksch wandelt sich glaubhaft von der Businesslady zur warmherzigen Alice, nachdem sie erkannt hat, wie sehr sie ihren Jack (Max Niemeyer) doch liebt.

Dieser wird als weißer Ritter von Sanne Mieloo als rücksichtslos nach Macht strebender Verrückter Hutmacher hinterrücks erstochen. Die Chefin (Daniela Dett) tänzelt als Herzkönigin durch ihr Reich, immer brandgefährlich, da sie einen Hang zum willkürlichen Köpfen ihrer Untertanen hat. Der beflissene Kollege Richard Hopper erscheint als hypernervöses Kaninchen (Christian Fröhlich) und Karsten Kenzel mit rauer Stimme als dicke, gelassene Raupe. Mo bzw. Chaz wird von Enrico Treuse gesungen. Im Chor und dem Tänzern erscheinen u. a. die Romanfiguren wie der rosa Hip Hop Cowboy, Flamingo, Siebenschäfer oder Auster. Der eigentliche Auslöser dieses Traums ist aber Chloe, die zehnjährige Tochter von Alice (bereits ungemein souverän: Rosa Gruber). Sie wird zum Alter Ego der Frau, die durch diese Rosskur ihre eigene Kindheit wiederfindet und mit einem Spiel voll Harmonie und Menschlichkeit gegen ihre Widersacherin antritt. Ende gut alles gut, lediglich die Satire von Lewis Carroll ist zu einem gesellschaftlichen Wohlmeinen des beginnenden 21. Jahrhunderts verblasst.

Sanne Mieloo, Valerie Luksch © Herwig Prammer

Sanne Mieloo, Valerie Luksch © Herwig Prammer

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