Kultur und Weindas beschauliche MagazinGelatin, Alle für Alle, 2021-2023, Fliesen aus der Performace im Ferdinandeum (Innsbruck) HARD/SOFT Gegenwartskunst mit Keramik und Textil
Die beiden Arbeitsmaterialien Textil und Keramik sind typische Hauptvertreter im Bereich Design und damit eng mit der Kunsthandwerk des „Brauchbaren“ verbunden. Wo liegt nun die Grenze zur Kunst, die sich der reinen Ästhetik verschrieben hat? Sind Plastiken aus Ton oder Gobelins mit erzählenden Motiven einfach kunstvolle Accessoires oder bereits Kunstwerke, die zwar in den Niederungen stilvoller Einrichtungen ihren Platz finden, aber ganz gut auch für sich allein im Elfenbeinturm bestehen können? Die Entscheidung fällt nicht leicht, ist aber im Grund auch völlig unnötig. Den Beweis liefern Arbeiten, die bis 20. Mai 2024 in der MAK Ausstellungshalle EG unter dem Titel HARD/SOFT Textil und Keramik in der zeitgenössischen Kunst zur Diskussion stellen. Derlei Gewerbe und Kunst sind weder weiblich noch männlich konnotiert und haben sich über die Geschichte der Menschheit und deren Überlebenskampf bis herauf in die Gegenwart immer wieder als Ausdruck gemeinsamen Schaffens manifestiert. Deswegen halten sich Künstlerinnen und Künstler die Waage, wenn es darum geht, neue Ideen mit althergebrachten Materialien umzusetzen. Den Anfang macht das „Chambre 202, Hôtel du Pavot“ von Dorothea Tanning, der Ehefrau von Max Ernst. Als Schöpferin von Kostümen und Bühnendekorationen hat sie sich in dieser aus weichem Stoff gebauten Kammer von praktischer Nutzbarkeit gelöst. Man könnte es sich zumindest theoretisch vorstellen, es sich in dieser Soft Sculpture zwischen erotisch anmutenden Polsterwesen bequem zu machen. Abschreckend sind dagegen die düsteren Monster von Klára Hosnedlová, gewebt aus Flachs, Baumwoll- und Leinengarn. Gespenstisch werden sie durch den Einsatz von Hede, einem grauen Abfallprodukt der Hanfbearbeitung. Die Brasilianerin Camila Sposati hat sich dagegen der Härte verschrieben. „Trumpet Liber“ ist eine ansprechende Skulptur aus Lehm, befestigt auf einem Stahlträger. Mit Gottfried Semper (1803-18799 kommen die Männer ins Spiel. Der Ringstraßenarchitekt und Kunsttheoretiker hat in seiner Bekleidungstheorie ein textilumspanntes Gerüst als Urmodell des Gebäudes definiert, das von Franz Erhard Walther (*1939) im Sinne des Minimalismus in gedachte Räumlichkeit umgesetzt wurde.
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