Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Extrawurst, Ensemble © Robert Peres

Extrawurst, Ensemble © Robert Peres

EXTRAWURST Culture Clash am Würstelgrill

Hitzige Debatten um den Würstelgrill, Ensemble © Robert Peres

Hitzige Debatten um den Würstelgrill, Ensemble © Robert Peres

Ein lachhaft erschütternder Spiegel unserer aktuellen Gesellschaft

Bei solchen Fragen hat jeder was mitzureden. In dieser Mitgliederversammlung geht es um nichts anderes als um die Anschaffung eines neuen Grillers. Doch an dieser Kleinigkeit entzündet sich eine Fehde, heißer als glühende Holzkohle. Die beiden Autoren Dietmar Jacob und Moritz Netenjakob haben es geschafft, mit diesem scheinbar nichtigen Problem die breite Palette an Vorurteilen, Animositäten und Aggressionen in unserem ethnisch und ethisch bunt gemischten Zusammenleben sichtbar zu machen – dankenswerteweise als Komödie, die es erlaubt, über den eigenen Mangel an Political Correctness von Herzen lachen zu können. Das Publikum wird zum Plenum erklärt und damit in die Auseinandersetzung miteinbezogen. Aber Vorsicht, nicht an den falschen Stellen applaudieren! Allzu leicht könnte man zum Ziel sattsam bekannter Vorwürfe wie rechter Rassist oder linker Gutmensch geraten. Das sollte man dem Ensemble überlassen, das sich selbstlos in einen Kampf einlässt, der nur Verlierer zeitigen kann.

Johannes Petautschnig, Reinhard Nowak, Alexander Hoffelner © Robert Peres

Am Handy: Johannes Petautschnig, Reinhard Nowak, Alexander Hoffelner © Robert Peres

Anna Sophie Krenn, Reinhard Nowak, Johannes Petautschnig © Robert Peres

Anna Sophie Krenn, Reinhard Nowak, Johannes Petautschnig © Robert Peres

Marcus Strahl von der Neuen Bühne Wien hat „Extrawurst“ raffinierterweise in das Waldviertel verlegt, in eine Gegend, die noch einigermaßen unberührt vom Culture Clash ist. Der UTC Ottenschlag wählt einstimmig den neuen alten Obmann. Der von Kreuzweh und Ischias geplagte Harald Ratasits ist zwar nicht mehr der flotteste Tennisspieler, aber er hat Autorität, die ihm Reinhard Nowak mit der ihm eigenen unnachahmlichen Komik verleiht. Er will nur Einigkeit, die „in Frieden und im Krieg zum Sieg“ führt, einen Witz erzählen und das Buffet eröffnen. Doch ein Punkt der Agenda ist noch nicht abgehakt, eben der neue Griller. Obmann Stv. Mathias Notsch (Johannes Petautschnig) hat sich für ein Traumgerät entschieden.

Es wird mit Gas betrieben und könnte bei jeder Clubveranstaltung für eine Orgie an wunderbar gegarten Bratwürsten und Koteletts sorgen. Aber es gibt einen Einwand. Melanie Binder weiß, dass ihr Partner im Mixed Doppel Muslim ist und damit von diesem schweinischen Festschmaus ausgeschlossen wäre. Als diese legt sich Anna Sophie Krenn im schicken weißen Tenniskostüm ins Zeug, um den Anwalt Erol Oturan an den Freuden des Grillens teilhaben zu lassen. Er ist ja ein fescher Mann, dieser Türke mit österreichischer Staatsbürgerschaft, unglaublich authentisch gespielt von Anatol Rieger. Dass ihr Gatte (Alexander Hoffelner als gelungene Karikatur eines Marketingfuzzis) eifersüchtig sein könnte, daran denken weder sie noch die anderen Vorstandsmitglieder, denn die beiden sind Siegspieler und damit für den Club unentbehrlich. In dem von Martin Gesslbauer eingerichteten Clubheim fliegen bald die Fetzen, die das fragwürdige Seelenleben aller Beteiligten schonungslos offenlegen. So bleibt am Ende nur der Wunsch nach einer Welt, die so schön friedlich wäre, weil es darin keinen Nationalismus und keine Religion gibt.

Anna Sophie Krenn, Anatol Rieger © Robert Peres

Das Tennispaar: Anna Sophie Krenn, Anatol Rieger © Robert Peres

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