Kultur und Weindas beschauliche MagazinKaiser Franz Josef Land, Der verlassene Tegethoff Julius von Payer (1841-1915) © NHM Wien, A. Schumacher DIE ERDE Ein Kaisersaal für unseren Planeten
Die heimlichen Star im neu gestalteten Saal VI, dem Kaisersaal, sind die Gabonionta. Die 2008 in Westafrika gefundenen Fossilien sind die vielleicht ältesten Zeugen (2,1 Milliarden Jahre) von sogenannten Mehrzellern auf der Erde. Selbst haben diese Winzlinge nicht überlebt. Aufgrund widriger Umstände in der Atmosphäre sind sie ausgestorben. Die nächsten ähnlich aufgebauten Wesen können erst nach der stattlichen Spanne von 1,5 Milliarden Jahren nachgewiesen werden. Damit stellt sich für die Wissenschaft die Frage, wie wäre die Evolution von diesen frühen Ureltern ausgehend verlaufen? Gäbe es überhaupt das Anthropozän, das von der Menschheit beherrschte Zeitalter? Vielleicht wäre dem Planeten so manches erspart geblieben, was ihm aufgrund unseres unverantwortlichen Zutuns gefährlich zusetzt. Die gezeigten Exemplare sind, so versichert Univ. Prof. Dr. Mathias Harzhauser, weltweit die einzigen, die öffentlich zu bewundern sind.
Dem Leiter der Geologisch-Paläontologischen Abteilung des NHM Wien war die Gestaltung der Dauerausstellung übertragen. Gewidmet hat er sie der Erde und stellt unsere kleine Heimat im großen Weltall als einen dynamischen Planeten vor. An Hands-on-Stationen wird so manches im wahrsten Sinn des Wortes begreiflich, was sich zwischen dem Gestein, der Lithosphäre, und dem darauf webenden Leben, der Biosphäre, abspielt und gegenseitig bedingt. Die Besucher können Gebirge entstehen und Vulkane ausbrechen lassen, um daran das Wirken der Plattentektonik zu studieren. Gerade dadurch ist Leben erst möglich geworden. Dieses erste Regen wiederum hat mit Photosynthese und Besiedelung des Festlandes das Aussehen des bis dahin toten felsigen Untergrundes entscheidend neu geprägt. Am bisherigen (hoffentlich nicht absoluten) Ende steht der Mensch, der in den tief verborgenen Schätzen mit beiden Händen zugreift. So werden Lagerstätten von Methan-Eis und Manganknollen in den Ozeanen thematisiert. Sie könnten den Bedarf an Energie und Rohstoffen für Jahrzehnte decken, allerdings verbunden mit weit gewaltigeren Klimakatastrophen als wir sie jetzt ohnehin bereits erleben. Klimaentwicklung der Erde während der letzten 600 Millionen Jahre © NHM Wien, M. Harzhauser Besinnlichkeit ist also angesagt, wenn der Blick nach oben gezogen wird, wo Felsbrocken schwerelos schweben. Der Künstler Hannes Ludescher hat dazu im Verhältnis 10:1 Steine vergrößert und in deren natürlicher Form nachgebildet. An diesen Objekten vorbei blickt man auf die dank einer geschickten Beleuchtung (Architekten Schubert & Schubert ZT-KG) strahlenden Farben von fünf Gemälden. Sie zeigen Orte, die nach dem Kaiser benannt sind, so das Franz Josef Land, das dessen Entdecker Julis Payer persönlich gemalt hat. Dazwischen blicken, befreit vom grauen Belag eines Jahrhunderts, mit allegorischer Überheblichkeit Karyatiden herab auf das irdische Treiben im Saal, das zwischen wandernden Erdteilen, Atmosphäre, Hydrosphäre und der Welt der Mikroben bis zur eigenwilligen Weltmusik des Komponisten Rupert Huber dem Geheimnis unseres Planeten auf der Spur ist. Statistik |