Kultur und Weindas beschauliche MagazinAnna Brull, Matthias Koziorowski, Petr Sokolov, Mareike Jankowski, Peter Oh in Venedig © Werner Kmetitsch LES CONTES D´HOFFMANN Vier Regie-Ideen für einen Poeten
E. T. A. Hoffmann hat uns den Weg in eine abseitige Welt aufgetan, die man mit wohligen Gruseln allzu gerne betritt. Der Dichter, an sich der Deutschen Romantik zugeordnet, hatte viele Talente. So war er u. a. Jurist, Komponist, Kapellmeister und Karikaturist. Aber als Genie war er auch ein Geplagter, der seine schrägsten Ideen angeblich dem Vollrausch verdankte. Er lehnte sich gegen Obrigkeiten auf und er, so will es die Fama, war stets auf der vergeblichen Suche nach der idealen Liebe. Drei seiner literarischen Werke (Der Sandmann, Rat Krespel, Die Abenteuer der Sylvesternacht) fanden schließlich Eingang in ein französisches Bühnenstück, das dem kongenialen Jacques Offenbach in die Augen gestochen ist und zu einer der populärsten Opern der Musikgeschichte inspiriert hat, deren Erfolg der Komponist leider nicht mehr erleben durfte. Es sind stets Begegnungen mit Frauen (Künstlerin, das junge Mädchen, die Kurtisane), die Hoffmann an den Rand des Irrsinns bringen. Vor dem jeweils darin lauernden Verhängnis rettet ihn verlässlich die Muse, für den Dichter ein Neutrum, die aber in treuer Liebe zu ihm hält.
Im Opernhaus der Stadt an der Mur hat man in Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf eine reizvolle Herausforderung für das Publikum auf die Bühne gestellt. Mit Vorspiel und Epilog sind es fünf Akte, die jeweils ein anderes Regiekonzept aufweisen. Nach den ersten Takten des Orchesters unter der Leitung von Johannes Braun setzt sich Hoffmann an ein Schreibpult, trinkt einen kräftigen Schluck Wein, während La Muse (Andżelika Wiśniewska) mit leiser Eifersucht ihre Gedanken zu dessen neuen Schwarm, der Sängerin Stella (Ann-Kathrin Adam), mit ergreifendem Sopran kundtut. Das Volk will die Geschichte von Klein Zack hören, während der alte Lindorf (in mehreren Rollen überzeugend: Bariton Petr Sokolov) seine Ansprüche auf die Primadonna äußert. Regisseur Tobias Ribitzki belässt diese Szene vor dem Vorhang, der sich erst zur Begegnung mit Olympia öffnet. Die britische Theatergruppe 1927 hat für den grandiosen Koloratursopran Tetiana Zhuravel eine überwältigende Videokulisse geschaffen, in der gekonnt zwischen realen Menschen und Projektionen geswitcht wird. Coppélius hat für Hoffmann eine Art VR-Brille geschaffen, die diesem die mechanische Frau lebendig erscheinen lässt. Gastgeber dieses Festes ist der Physiker Spalanzani (Mario Lerchenberger), der jedoch hinnehmen muss, dass der betrogene Coppélius sein Wunderwerk in die Luft sprengt und Hoffmann um seine Geliebte bringt.
Martin Fournier (Direktor der Komödianten), Chor und Statisterie der Oper Graz © Werner Kmetitsch DIE VERKAUFTE BRAUT Große Stimmen in dörflicher Grobheit
In der Oper Graz wird ein Allzweck-Turnsaal zum Schauplatz der Niederlage von Kecal, dem Heiratsvermittler. Wo er doch so intelligent ist und stets die zwei Richtigen vor den Traualtar bringt. In diesem Fall spielt ihm jedoch Hans, ein im Dorfe scheinbar Unbekannter, einen Streich. Marie, die Tochter des Bauernpaares Krušina und Ludmila, liebt den Hans und der sie. Aber Vater hat beschlossen, dass sie den stotternden Wenzel, Sohn von Tobias Mícha, zum Mann nehmen soll, natürlich wegen der Mitgift. Als Kecal bei Hans auf Granit beißt, hilft nur mehr ein Handel. Hans unterfertigt den Vertrag, der ihm für die Braut 300 Gulden zuspricht, unter der Voraussetzung, dass diese den Sohn von Mícha heiratet. Erst ganz zum Schluss, nach einer Verzweiflungsarie Maries, offenbart sich Hans als verloren geglaubter Sprössling des Mícha, er bekommt Marie und Kecal schaut durch die Finger.
Regisseurin Adriana Altaras hat das Komische dieser Oper durchaus ernst genommen, aber in der Darstellung dörflicher Grobheiten etwas übertrieben. Welche Erfahrungen hat sie gemacht, wenn sie selbst sagt, dass sie dabei an das Dorf ihrer Kindheit gedacht hat und es in jeder steirischen Ortschaft nicht anders zugeht? Am Anfang ist es noch sportliche Betätigung, der die Burschen auf dem Land nachgehen, aber bald dominiert das Saufen und mit unmotivierten Travestien – die Männer tragen Strapse – mischt sich in die Hetz ein unangenehmer Beigeschmack. Wenn die Landleute angesichts des Brautverkaufes ihre Enttäuschung in Brutalität umsetzen und auf Hans noch am Boden hintreten, hört sich der Spaß endgültig auf.
Umso erfreulicher sind erstens das Orchester unter Roland Kluttig, das seine Virtuosität mit der rasanten Ouvertüre beweist, und zweitens die Solisten, die durch die Bank tolle Leistungen bringen.
Statistik |