Kultur und Weindas beschauliche MagazinMaria Theresia, Szenenfoto © VBW / Deen van Meer MARIA THERESIA Working Mum in Regierungsgeschäften
Ein Musical als eines der beliebtesten Formate zeitgenössischen Musiktheaters darf durchaus einen ganz eigenen Umgang mit historischen Fakten pflegen. In erster Linie gilt die Devise, die Story muss packend sein. Eine rührende Liebesgeschichte ist Pflicht und die im Mittelpunkt stehende Persönlichkeit ist trotz aller Probleme, die ihr gemacht werden, am Ende erfolgreich. Ein Musterbeispiel dafür ist Maria Theresia, eine Habsburgerin, die in Österreich jedem Schulkind zumindest vom Namen her vertraut ist. Damit ist sie als Titelfigur von vornherein ein Erfolgsgarant, zumindest in unseren Landen, die von ihr in eine neue Zeit geführt wurden. Der in Wien geborene Autor Thomas Khary stand damit jedoch vor der großen Aufgabe, aus den vielen Facetten dieser Persönlichkeit diejenigen zu betonen, die sich den Anforderungen eines populären Bühnenstückes fügen. Dass Maria Theresia überaus fromm war, schien ihn nicht allzu sehr zu begeistern. Dass sie in etlichen Belangen gewaltig rückständig war und sogar eine Keuschheitskommission eingerichtet hat, ist ebenfalls kein Hit, mit dem man reüssieren kann. Ihn interessierte viel mehr die Frau an sich. In adeligen Kreisen wurde sie bestenfalls als Heiratsgut wahrgenommen, um einen männlichen Thronerben auszutragen. Darüber hinaus hatte sie nichts mitzureden. Maria Theresia hat sich gegen alle diese Vorbehalte selbstbewusst durchgesetzt, als Herrscherin und Heerführerin, und war dennoch ein Vollweib, das gegen alle Usancen ihren geliebten Mann geheiratet und mit ihm sechzehn(!) überlebende Kinder in die Welt gesetzt hat. Vater Dieter und Sohn Paul Falk haben das Libretto mit den Liedtexten von Jonathan Zelter in Musik umgesetzt, die zwar keine Ohrwürmer enthält, aber über die gesamte Strecke das Publikum in Atem hält und am 4. November 2015 von Herbert Pichler am Pult des Orchesters der Vereinigten Bühnen Wien beeindruckend umgesetzt wurde. Alex Balga führte Regie, unterstützt von Morgan Large mit Video animierten Kulissen zwischen Palast, Schlachtfeld und Kaisergruft als Hintergrund von Gerüsten, auf denen die Tanzcrew, choreografiert von Jonathan Huor, schwerelos behände Kletterübungen praktiziert. Bei den Kostümen hatte Aleksandra Kica freie Hand und schuf ein ansprechend modisches Crossover aus Barock und Gegenwart, historisierenden Uniformen und heutiger Tracht bis zu Lack und Leder einer SM-Party in Laxenburg. Die Handlung wird vom Krieg gegen Friedrich den Großen getragen. Deswegen erscheint bereits zu Beginn Moritz Mausser ganz in Schwarz als preußischer Heiratsaspirant und muss mit einem Korb wieder abziehen. Aber er bleibt als erbitterter Gegner bis zum Ende präsent. Als Kanzler (eigentlich Geheimer Staatssekretär) Bartenstein mit unglaublich langer Regierungszeit wirkt Dominik Doll. Er zählt zu den wesentlichen Gestalten bei Hof, zu denen auch die Fuchsin, Madame Fuchs (Annemieke van Dam), als Erzieherin und Freundin der späteren Regentin gehört. Gemeinsam mit Mama Elisabeth Christine (Annemarie Lauretta) versuchen die beiden die heranwachsende Tochter von Kaiser Karl VI. (Dominik Hees) in ihrem überschäumenden Ehrgeiz zu zähmen. Dem früh verstorbenen Papa ist auch die Pragmatische Sanktion zu verdanken, die besagt, dass eine Frau, in diesem Fall seine 23jährige Tochter, die Thronfolge antreten kann. Wie ein Rüpel benimmt sich Franz Stephan aus dem kleinen Herzogtum Lothringen in der steifen Gesellschaft des Wiener Hofes.
Moritz Mausser, Ensemble © VBW-Deen van Meer ROCK ME AMADEUS Die Story eines Superstars namens Falco
Hansi Hölzel war, glaubt man dem Buch von Christian Struppeck, schon als Schulbub überzeugt, einst ein großer Popstar zu werden. So beginnt das ihm gewidmete Musical nach dem einleitenden Vorgriff auf sein Begräbnis mit einer Sequenz, in der ein ignoranter Klassenlehrer zum Trottel gemacht wird. Dabei wird übersehen, dass diesem Kind schon mit fünf Jahren bei einem Vorspieltermin an der Wiener Musikakademie das absolute Gehör bescheinigt wurde, eine Tatsache, die eine musikalische Laufbahn eigentlich logisch machte. Die überzeugende Musik (am Pult des Orchesters der VBW steht Carsten Paap) lässt aber gerne diesen Lapsus vergessen, immerhin haben sich Michael Reed als Arrangeur der Falco Hits und Roy Moore der Orchestrierung angenommen. Dazu kommen eine mitreißende Choreographie von Anthony van Laast und ein überwältigendes Bühnenbild von Stephan Prattes, die von Regisseur Andreas Gergen in einer grandiosen Inszenierung umgesetzt wurden.
Wenn nun die Hauptperson auftritt und im Tonfall des von ihr verehrten Oskar Werner in gepflegtem, etwas hochnäsigem Wienerisch seine Meinung kundtut, glaubt man tatsächlich, Falco vor sich zu haben. Ein derart authentischer Darsteller wie der junge Moritz Mausser musste erst gefunden werden. Er lässt das Publikum den Aufstieg des Falken vom unbekannten Tingeltangel-E-Bassisten bis zum Höhenflug als Number One der Charts in den USA unmittelbar miterleben. Viel Raum wird der Liebe und der folgenden Ehe mit Isabella (Katharina Gorgi) gewidmet.
Abla Alaoui, Ensemble © Disney Der GLÖCKNER von NOTRE DAME Das Disney-Musical frei nach Victor Hugo
Mit mächtigem Bariton lässt Andreas Lichtenberger keinen Zweifel an der bösen Natur seines Erzdiakons Claude Frollo, der unter dem kreuzbestickten Mäntelchen der Frömmigkeit den Fremdenhass und die strikte Ablehnung des fahrenden Volks, angeführt vom gleich listigen wie brutalen Clopin Trouillefou (Mathias Schlung), predigt. Dummerweise verliebt Frollo sich in Esmeralda (Abla Alaoui), ein Zigeunermädchen, das klarerweise seine Zudringlichkeiten ablehnt. Sie ist hübsch, kann verführerisch tanzen und virtuos mit dem Tamburin die Zuschauer begeistern. Höchst angetan von ihr ist auch der Offizier Phoebus de Martin (Dominik Hees), und wäre da nicht dieses geistliche Ekel, würde es auch was mit den beiden. Die arme Kreatur dazwischen ist Quasimodo, mit dem der sportliche Charles Kreische Mitgefühl einfordert, vor allem wenn er mit den singenden „Steinfiguren“ Zwiesprache hält. Bei so viel emotionalem und akustischem Druck sind begeisterte Standing Ovations unvermeidlich. Statistik |



















