Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Mara Koppitsch, Wolfgang Lesky, Xiting Shan, Ulrike Hübl © Bettina Frenzel

Mara Koppitsch, Wolfgang Lesky, Xiting Shan, Ulrike Hübl © Bettina Frenzel

HORRIBLE HABSBURGER! Seltsame Begegnungen in schwarzer Tiefe

Alessio Romanelli, Peter Rothkappel © Bettina Frenzel

Alessio Romanelli, Peter Rothkappel © Bettina Frenzel

Eine eindrucksvolle Wanderung durch 600 Jahre Sex & Crime & Kaiserschmarren

Als Motto für das aktuelle Stationentheater im Mödlinger Luftschutzbunker wurde Karl Kraus bemüht. Aus „Die letzten Tage der Menschheit“ stammt der Satz „Die grellsten Erfindungen sind Zitate“. Man sollte ihn sich gut einprägen, bevor man die Kapuzinergruft betritt. Über ihrem Sarkophag erwachen dort die bleigrauen Gestalten von Maria Theresia und ihrem „Mäusel“ Franz Stephan und beginnen recht lebensnah zu debattieren. Zu danken haben sie diese Wiederbelebung dem 600(!) Jahre alten Mönch in der braunen Kutte, in der niemand anderer als Bruno Max, Prinzipal des Theaters zum Fürchten, steckt. Er hat sich bei den Habsburgern umgesehen und eine Fülle an Kuriosem von lächerlich bis schrecklich entdeckt. In 17 Szenen gibt sein furchtloses Ensemble packenden Geschichtsunterricht, in dem an sich bekannte Probleme dieser Herrscherdynastie wie Degeneration durch Verwandtenheirat, ungezügelte Schießwut der Jäger oder die hartnäckige Ignoranz des Willens der Untertanen anschaulich dargestellt werden. Robert Notsch hat dafür die kahlen Betonröhren des Bunkers für jeden historischen Bedarf ausgestattet und damit viele Meter unter der Erde die jeweils entsprechende Atmosphäre gestaltet.

Eva-Christina Binder, John Fricke, Karl Wenninger © Bettina Frenzel

Eva-Christina Binder, John Fricke, Karl Wenninger © Bettina Frenzel

David Czifer, Christina Saginth, Barbara Suchanka © Bettina Frenzel

David Czifer, Christina Saginth, Barbara Suchanka © Bettina Frenzel

Särge sind freilich in der Überzahl. In einem davon liegt Notzerl, eine jung verstorbene Habsburgerin, bewacht von zwei Tiroler Schützen. Nachdem das Mädchen wieder in das Reich der Lebenden zurückgekehrt ist, wird sie die Führerin zu den Highlights habsburgischer Verirrungen. Es beginn mit dem Stammbaum, dem schließlich ein Affe entspringt und das Publikum erschreckt. Rudolf der Stifter erhält mit dem Privilegium Maius den schmückenden Beinamen „der Fälscher“, seine Untat wurde schließlich erst 1852 offenbar. Das ist doch einen Kaiserschmarren wert, der in der Küche des Hotels Sacher verkostet wird. AEIOU wird in der Schatz- und Wunderkammer von Kaiser Friedrich III. zum Mitsinghit, bevor es zu einer Pressekonferenz mit Kaiser Maximilian I. geht.

Geistesgestörte erregen in „Das edle Waidwerk“ (Erzherzog Franz Ferdinand) und „Johanna die Wahnsinnige“ Gänsehautfeeling, bevor „Der Fotzenpoldl“ (Kaiser Leopold I.) mit selbstgefertigten Kompositionen von seinem gewaltigen Unterbiss abzulenken versucht. An schwarzen Schafen gab es keinen Mangel im Hause Habsburg, den Vogel abgeschossen hat jedoch Luziwuzi, seines Zeichens Erzherzog. Der schöne schwarze Angelo Soliman wurde in aller Pietät ausgestopft, was dem „Nandl das Trotterl“, Kaiser Ferdinand, trotz geistiger (Infantilität) und anatomischer Auffälligkeiten (Wasserkopf) erspart geblieben ist. Noch vor seinem populären „Ja dürfen´s denn des?“ rangiert der Sager von Kaiser Franz Joseph, wenn er resignierend seufzt „Mir bleibt auch nichts erspart“. Bevor es wieder in die Kapuzinergruft zurückgeht, wird die wohl furchtbarste aller Taten, der Erste Weltkrieg, in der „Weißwäscherei Habsburg“ von Kaiserin Zita bis zur Seligsprechung ihres Gemahls Karl schön geredet. Auf diese Apologie hinauf ist man unheimlich froh, dass die herrschenden Mitglieder dieser Dynastie in der Gruft, einem Hotspot für japanische Touristen, für alle Ewigkeit ihre Ruhe gefunden haben.

Randolf Destaller, Denise Neckam, Valentina Himmelbauer © Bettina Frenzel

Randolf Destaller, Denise Neckam, Valentina Himmelbauer © Bettina Frenzel

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