Kultur und Weindas beschauliche MagazinLeopold Dallinger, Bettina Soriat, Teresa Renner © Bettina Frenzel SHOCKHEADED PETER Junk-Oper als Strafe für böse Kinder
Sieh einmal her, da steht er, Pfui! der Struwwelpeter! Wer hat diesen wunderschönen Satz nicht im Ohr? Er wurde uns immer und immer wieder vorgelesen, bis wir ihn selbst entziffern und die wohlgereimten Zeilen aus der Hand des Herrn Dr. Heinrich Hoffmann auswendig hersagen konnten. Wir lernten, dass man People of Color, damals noch poetisch Mohren genannt, nicht wegen ihrer Hautfarbe verspottet und beim Daumenlutschen recht flott diese beiden Finger verliert. Wenn ein wilder Jäger vom Hasen in den Brunnen geschossen wird, empfanden wir es als erfreulich, aber genauso absehbar wie den Absturz des Hans Guck-in-die-Luft. Robert mit dem Regenschirm wurde sogar heimlich für seine Luftreise beneidet. Haben wir deswegen Schaden genommen? Heutige Kinder sind damit zu verschonen, meinen zumindest Psychologen und haben eine ganze Reihe von Argumenten an der Hand, warum die kleine Seele nicht mit derlei Grausamkeiten konfrontiert werden darf.
Deswegen ist empfindlichen Gemütern angeraten, sich die „Junk-Oper“ „Shockheaded Peter“ von den Tiger Lillies & Co. nicht anzuschauen. Im Gegensatz zum Original enden ausnahmslos alle Episoden letal. Aber einmal ganz ehrlich: Es wär´ ja nur halb so lustig, wenn der völlig uneitle Struwwelpeter die Attacke mit Kamm und Nagelschere heil überstünde oder der Zappel-Philipp unter der Tischdecke überlebte. Deswegen hat Marcus Ganser in seiner Inszenierung keine Brutalität gescheut, wenn er die kleinen Bösewichte einen nach dem anderen ins Jenseits befördern lässt. Als Moderator erscheint Georg Kusztrich in der Rolle eines dämonischen Theaterdirektors. Dazwischen trägt er als Schneider, Riese Niklas oder Fisch einen nicht unwesentlichen Anteil am tödlichen Geschehen bei und bietet damit Erziehungstipps vom Feinsten.
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