Kultur und Weindas beschauliche MagazinBurke & Hare, Ensemble © Bettina Frenzel BURKE & HARE Eine tiefschwarze schottische Ballade
Prof. Monro (Jörg Stelling) unterrichtet Chirurgie am Royal College of Surgeons in Edinburgh, sein Kollege Dr. Knox (Christopher Korkisch) eben dort an der privat finanzierten Barclay School of Anatomy. Das Wichtigste für ihre Vorlesungen sind verwertbare Leichen, die jedoch Anfang des 19. Jahrhunderts nicht nur in Schottland Mangelware sind. Die einzigen (erlaubten) Objekte dieser Art fallen nach Hinrichtungen an. Es herrscht also ein richtiges Griss um Erhängte. Knox hat Geld und kann kaufen, Monro muss dagegen eine Intervention an höherer Stelle bemühen, um den Konkurrenten auszuschalten. Wie vom Himmel gesandt erscheinen die beiden Habenichtse William Burke (Thomas Marchart) und William Hare (Bernie Feit) mit einem in der eigenen Pension entschlafenen Bewohner bei Knox, der sich nicht kleinlich zeigt. Hare sieht darin eine grandiose Geschäftsidee, denn nichts scheint leichter zu sein, als Leichen aufzutreiben. Allerdings wird der Friedhof von einem Police Inspector (Paul Barna) und dessen Constable (Max Kolodej) streng bewacht. Also müssen Tote auf andere Weise besorgt werden, nicht zuletzt durch kräftiges Zuhalten des Mundes, das bald nach seinem Erfinder Burking genannt wird.
Ein mörderischer Reigen hebt an, ein Totentanz, der in einer Ballade unsterblich geworden ist. Bruno Max hat den düsteren Stoff für sein Theater dramatisiert und es geschafft, aus dem Grauen eine wahrhaft makabre Komödie zu formen; in erster Linie unter den ökonomischen Vorzeichen von Angebot und Nachfrage, gleichzeitig aber auch als historischen Abriss der Geschichte der Chirurgie. Mit Leichenöffnungen begann damals die wissenschaftliche Entwicklung zum modernen Einsatz des Skalpells. Dazu kommen Nebenstränge wie die Karrieren von Liston (Paul Barna), einem angehenden Arzt, und einem gewissen Charles Darwin (Max Kolodej), der sich bei Knox als Assistent ständig angespieben und deswegen auf Biologe umgesattelt hat. Mit der „Art Schauspielerin“ Helen McDougal (Lisa-Carolin Nemec) gibt es bereits Anklänge an den viel später aufflammenden Feminismus, wenn diese „vermutliche Tänzerin“ das Shakespeare-Drama MacBeth nur mit Frauen auf die Bühne stellen will. Nicht zuletzt werden die sozialen Missstände angesprochen, denen Stephanie-Christin Schneider als Lucky, die dem Alkohol verfallene Ehefrau von Hare, ein verhärmtes Gesicht verleiht. Thomas Marchart, Bernie Feit © Bettins Frenzel Trotz allseits grinsender Totenschädel in einem durchgängigen Memento mori darf von Herzen gelacht werden. Dafür sorgt die Regie des Prinizpals, der sich dafür von Robert Notsch eine praktische Bühne bauen ließ: Galgen, Grabsteine, nächtlich finstere Gassen, ein Etablissement oder die armselige Wohnung von Hare sind nur einige der Schauplätze, an denen mit Wortwitz und subtiler Komik Produktion und Fledderei von Leichen betrieben wird. Da Notsch auch Schauspieler ist, wurde er unter anderem für die Rolle des Dummerleins Jamie engagiert und hinkt dabei bis zu dessen gewaltsamen Ableben ungemein berührend durch das Geschehen.
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