Kultur und Weindas beschauliche MagazinDer tollste Tag, Ensemble © Bettina Frenzel DER TOLLSTE TAG Turrinis später Totentanz mit altem Adel
Ende des 18. Jahrhunderts begann sich die große Zeitenwende am Horizont im Morgenrot der Aufklärung abzuzeichnen. Es sollte aber noch über 100 Jahre dauern, bis 1918 die Macht der Hochwohlgeborenen gegen andere Systeme der Unterdrückung ausgetauscht wurden. Dazwischen gab es Revolutionen, die außer neuerlicher Gewalt nichts gebracht haben. Und danach? Eine Antwort hat Peter Turrini darauf gegeben, indem er die aufmüpfige Komödie von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais wohl in der Zeit gelassen, aber auf unerwartete Art weiter gedacht hat. Seine Überschreibung von „La Folle Journée ou le Mariage de Figaro“ kennt kein Happy End, wie es Lorenzo da Ponte in seinem Libretto für Mozart zumindest offen gelassen hat. Es ist die Beschreibung des Untergangs nicht nur des selbstgefälligen Adels, sondern auch der von diesen malträtierten Untergebenen, die am Mord ihrer Herren mit Sicherheit nicht glücklich werden. „Der tollste Tag“ gibt sich als ausgelassener Schwank des Rokoko, gespickt mit Wortwitz und an Übertreibung schrammender Komik, bis, ja, bis einem das Lachen im Halse stecken bleibt – und wird damit zu einem ernsthaften Stück Theater, das ein in seiner Begeisterung nachdenklich schweigendes Publikum hinterlässt.
Peter M. Preissler hat für das Theater zum Fürchten inszeniert und mit einen düsteren Bühnenbild von Marcus Ganser diesbezüglich eine entsprechende Vorwarnung gegeben. An den Wänden und von der Decke hängen Gerippe, bekleidet mit herrschaftlichen Roben, Uniformen und Soutanen. In der Mitte steht eine gewaltige Kiste mit der bedeutsamen Aufschrift „NICHT STÜRZEN“. In ihr verstecken sich die handelnden Puppen, zur ihrem Auftritt frei gelassen von Philipp Stix als Figaro. Die hübscheste davon ist seine Braut Susanne (Lena Antonia Birke) und man kann es dem resoluten jungen Mann nicht verübeln, wenn er auf den sexuellen Vielfraß namens Graf Almaviva eifersüchtig ist. Hermann J. Kogler lässt als solcher keinen Zweifel an seinem Vorhaben aufkommen, dieses junge Ding im Vollzug des ius primae noctis zu entjungfern.
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