Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Leopold Selinger, Philipp Stix © Bettina Frenzel

Leopold Selinger, Philipp Stix auf großer Fahrt © Bettina Frenzel

RAIN MAN Berührender Roadtrip ungleicher Brüder

Philipp Stix, Leopold Selinger © Bettina Frenzel

Philipp Stix, Leopold Selinger © Bettina Frenzel

Weil ich wissen will, wer auf der ersten Base spielt...

Raymond Babbitt ist Autist und Savant. Seine außergewöhnliche Fähigkeit besteht unter anderem in blitzartigem Zählen, beispielsweise von Zahnstochern oder den Karten auf dem Spieltisch in Las Vegas. Im Übrigen ist er hilflos und extrem kontaktscheu. Wenn nicht alles in streng gewohnten Bahnen abläuft, gerät er außer sich. Dann hilft nur mehr das mantraartige Hersagen von „Weil ich wissen will, wer auf der ersten Base spielt...“ (Bei genauem Hinsehen fällt ein Fehler auf: Es ist nicht logisch, dass Raymond die schwierigsten Rechungen auf der Stelle löst, aber dabei versagt, wenn es darum geht, die Hälfte eines Dollars zu bestimmen.) Charlie Babbitt hingegen ist ein windiger Typ, der in Schulden beinahe absäuft und den Gläubigern nur durch schräge Tricks entgehen kann. Dass er einen Bruder hat, erfährt er erst nach dem Tod des ungeliebten Vaters, der sein immenses Vermögen Raymond in Form einer Stiftung vermacht hat. Man kennt den Film von Barry Levinson, der die Annäherung der beiden Brüder zeigt, in der Starbesetzung mit Dustin Hoffman als Raymond, aus dem durch einen Hörfehler der Rain Man wird, die vom kleinen Charly erdachte Hoffnungsgestalt. Dan Gordon hat das Drehbuch von Ronald Bass und Barry Morrow für die Bühne aufbereitet und damit diesen berührenden Roadtrip zweier mehr als ungleicher Brüder zu einer Herausforderung für engagierte Off-Theater auch in Österreich gemacht.

Sibylle Kos, Ildiko Babos © Bettina Frenzel

Sibylle Kos, Ildiko Babos © Bettina Frenzel

Philipp Stix, Hendrik Winkler, Leopold Selinger, Christoph Prückner © Bettina Frenzel

Philipp Stix, Hendrik Winkler, Leopold Selinger, Christoph Prückner © Bettina Frenzel

Das Theater zum Fürchten hat sich dieser Aufgabe gestellt und sie mit der zu erwartenden Bravour gelöst. In der Regie von Felix Metzner hat Marcus Ganser einen beeindruckenden Raum geschaffen, mit Videos, auf denen Ziffern, Neonreklamen und der Highway die jeweilige Stimmung schaffen.

In den filmbedingten zahlreichen Nebenrollen wirken Sibylle Kos (Lucy, Bedienung, Barfrau), Ildiko Babos vielseitig als kühle Rechtsanwältin, hilflose Psychiaterin und glitzernde Nutte und Hendrik Winkler, der neben einem Polizisten auch den netten Pfleger und einen aalglatten Dr. Marston vom Gericht verkörpert. Der zum Verwalter des Vermögens berufene Dr. Max Bruener ist Christoph Prückner, der in vorgeblichem Wohlmeinen bis zum Schluss offen lässt, wie gut er es mit seinem Schützling wirklich meint. An seiner Watte prallt letztlich auch der gewiefte Charly Babbitt ab. Philipp Stix schafft es aber, den emotionalen Wandel in der Beziehung zum Bruder glaubhaft zu machen und zur bildhübschen Freundin Susan (Selina Ströbele) tiefe Gefühle aufzubauen. Der schwierigste Part ist zweifellos Raymond. Chapeau für Leopold Selinger! Er ist ein hinreißender Rain Man, der um sich eine Mauer der Unzugänglichkeit aufgebaut hat und dennoch im Laufe der Handlung durch die Behinderung hindurch ganz normale menschliche Bedürfnisse bis zur Zuneigung zu einer Frau sickern lässt.

Leopold Selinger, Selina Ströbele © Bettina Frenzel

Leopold Selinger, Selina Ströbele © Bettina Frenzel

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