Kultur und Weindas beschauliche MagazinRobert Stuc (Kabe) © Bettina Frenzel ONE FLEA SPARE Nur eine Laus, bedrückend wie ein Albtraum
Drinnen Quarantäne, draußen sterben die Menschen wie die Fliegen. Das alte Ehepaar Snelgrave hadert mit seinem Dasein in dem mit Brettern verschlagenen Heim. Noch fühlt man sich einigermaßen sicher vor einer Ansteckung, bis eines Tages zwei Eindringlinge im Raum stehen und deutlich zu erkennen geben, dass sie bleiben wollen. Es stellt sich bald heraus, dass auch der Mann, ein Matrose, und das Mädchen, angeblich die Tochter einer bekannten Familie, der Krankheit bisher ausweichen konnten. Trotz der gesellschaftlichen und moralischen Unterschiede beschließt man nolens volens, gemeinsam diese tödliche Zeit zu überstehen. Die daraus zwangsläufig entstehenden Spannungen trüben das Zusammenleben und führen über wachsende Auseinandersetzungen bis zum bitteren Ende. Die britische Autorin Naomi Wallace führt in „One Flea Spare“ (Nur eine Laus) das Publikum ins 17. Jahrhundert, gnadenlos direkt in eine Pestepidemie in London. Wer nun an einen literarischen Ausfluss der jüngst von uns durchgemachten Pandemie denkt, liegt falsch. Die Uraufführung fand am 18. Oktober 1995 im Bush Theater (London) statt. Es hat lediglich bis 2023 gedauert, dass dieses Stück mit dem Theater zum Fürchten nach Wien und damit zu erschreckender Aktualität gekommen ist.
Regisseur Stephan Bruckmeier hatte also das Original, das sich am Tagebuch eines gewissen Samuel Pepys aus 1665 orientiert haben könnte, und die persönliche Erfahrung mit der Angst vor Corona als Anregungen für seine beeindruckende Inszenierung, die mit den historischen Kostümen von Anna Pollack noch wesentlich dichter wird. Unter dem von Marcus Ganser kühl eingerichteten Wohnraum der Familie Snelgrave brodelt es; wie giftige Dämpfe steigt Rauch auf und zieht sich beißend in den Zuschauerraum. Die erste Person, die sich in diesem gespenstischen Qualm zu erkennen gibt, ist die noch jugendliche Morse. Sie stammelt angstvoll von jüngst überlebten Geschehnissen und deutet deren fatalen Ausgang an. Fanny Altenburger macht den Horror deutlich fühlbar.
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