Kultur und Weindas beschauliche MagazinAnnette Dasch (Josepha Vogelhuber, Wirtin), Ensemble © Barbara Pálffy/Volksoper Wien IM WEISSEN RÖSSL Overtourism im lustigen Salzkammergut
Scharen von Touristen werden von Bussen und Schiffen in St Wolfgang herangekarrt und zu einem Kurzbesuch im berühmten Etablissement „Im weissen Rössl“ abgesetzt. Das Personal ist in solchen Momenten natürlich heillos überfordert, versteht es aber dennoch, die ungeduldigen Besucher entsprechend abzukassieren. Oberkellner Leopold hat den Schmäh drauf, wenn er die von den Fremdenführern zu hektischer Eile angetriebenen Gäste mit „Aber meine Herrschaften“ zum kurzen Innehalten animiert. Seit der Uraufführung dieses Singspiels 1930 scheint sich im Salzkammergut also nicht viel geändert zu haben. Die malerische Gegend mit ihren Seen und Bergen zieht Jahr für Jahr mit ihrem Zauber der Saison trotz Schnürlregens und überhöhter Zimmerpreise die Menschen in ihren Bann. Einige wenige nehmen sich aus den hinter Lollypops nachhechelnden Herden heraus und mieten sich in diesem legendären Hotel zur Sommerfrische ein. Bis heute hat es dessen Management in Person von Josepha Vogelhuber jedoch nicht geschafft, mehr als ein Balkonzimmer anbieten zu können. Das Gerangel darum ist ein wesentlicher Teil jener wundersam kitschigen Geschichte, vor der sich kaum ein Musiktheater scheut, sie in seinen Spielplan aufzunehmen.
Die Volksoper lud den designierten Intendanten des Volkstheaters ein, dafür die Regie zu übernehmen. Jan Philipp Gloger stellte sich lustvoll der Herausforderung und lässt berechtigte Hoffnung aufkeimen, auch an seiner zukünftigen Wirkungsstätte erfreuliches Theater anzubieten. Die ohrgängige Musik von Ralph Benatzky und Co. überlässt er den Fachleuten, allen voran Michael Brandstätter am Pult des Orchesters, die vergessen machen, dass es sich um relativ einfache Schlager handelt, die gekonnt interpretiert durchaus auch Freunde der E-Musik begeistern dürfen. Die Handlung selbst wurde mit raffinierter Ironie von ihrem Altersschwachsinn befreit. Man könnte sagen, mit vollen Hosen ist´s leicht stinken. Als Prof. Hinzelmann erklärt niemand anderer als Harald Schmidt in bewährt eloquenter Weise dem Berliner Fabrikanten Wilhelm Giesecke (ein Piefke zum z´reißen: Götz Schubert) die Schönheit der Natur. Es gibt auch den Kaiser, den echten TV-Kaiser, der allerdings privatim als Robert Palfrader in den Genuss der Balkonzimmers kommt. Die Salutschüsse zu seinem Empfang werden aus Schneekanonen abgefeuert und sind ein weiterer Gruß aus der Gegenwart. Sportlich mit dem Fahrrad erscheint Rechtsanwalt Dr. Siedler.
Jolanthe und der Nussknacker, Szenenfoto © Ashley Taylor JOLANTHE & DER NUSSKNACKER Herbsüße Melange aus Oper und Ballett
Die einaktige Oper „Jolanthe“ ist eine Familienproduktion aus dem Hause Tschaikowski. Modest hat das Libretto verfasst, sein Bruder Iljitsch die Musik dazu komponiert. Vielleicht war es dieser Umstand, der Lotte de Beer, Direktorin der Volksoper, zu ihrer ersten Opernregie inspiriert hat, als Kombination aus Musikdrama und Ballett. Die Handlung ist märchenhaft genug, um sie einem Kind zumuten zu können. Prinzessin Jolanthe ist blind geboren. König René will ihr die Enttäuschung ersparen, sich behindert zu fühlen und schottet sie von der Umwelt hermetisch ab. Sie soll gar nicht wissen, dass man auch sehen kann. Brüsk lehnt er das Angebot des Arztes Ibn Hakia ab, in seiner Tochter den Wunsch zum Sehen zu wecken. Als jedoch der Ritter Vaudemont auftaucht, sich in die junge Frau verliebt und Gegenliebe erfährt, kann der Arzt zur Heilung schreiten. Das Wunder geschieht, sie sieht das Licht und alles ist gut. Da das Ganze aber nicht abendfüllend ist, wurden Teile aus „Der Nussknacker“ eingefügt, die Dirigent Omer Meir Wellber mit raffinierten Arrangements und spannenden eigenen Ideen mit der Opernmusik verquickt hat. In der Choreographie von Andrey Kaydanovskiy treten Mitglieder des Wiener Staatsballetts als Walzer tanzende Blumen, Torten der Zuckerlfee, Zinnsoldaten oder eine Horde Mäuse quasi in der Phantasie der Prinzessin auf.
Gedacht ist diese Produktion für „die ganze Familie“, also vom Opa bis zur Enkelin, die nicht früh genug mit diesem Format vertraut gemacht werden kann. De Beer ist jedoch eine strenge Lehrerin, die den Zugang für junge Zuschauer nicht so einfach gestaltet. Eine dunkle, leere Bühne und Alltagskleidung als Kostüme sind eine Herausforderung, schon in frühen Jahren die eigene Vorstellungskraft zu bemühen und mit herben Inszenierungen fertig zu werden. In einem unschuldig weißen Kleidchen singt Hedwig Ritter, verdreifacht durch die Tänzerinnen Tessa Magda und Anita Mandala, eine berührende Jolanthe, der Tenor Jason Kim als Graf Voudemont einfach verfallen muss. Dazwischen steht jedoch René, König der Provence, den Stefan Cerny mit knackigem Bass zwischen Vaterliebe, Irrtum und Mäusekönig pendeln lässt.
Annette Dasch (Alma Mahler-Gropius-Werfel), Chor der Volksoper Wien © Barbara Pálffy/Volksoper Wien ALMA Faszinierende Geliebte der vier Künste
Die Geschichte beginnt im April 1935 auf dem Friedhof, mit einem Begräbnis. Bestattet wird Manon, die Tochter von Alma und Walter Gropius. Halb Wien ist am Grab versammelt, nur die Mutter fehlt. Sie lässt ausrichten: „Beerdigung? Ich gehe nicht zu solchen Aufführungen.“ Dieser Satz wird zum durchgängigen Motiv im Libretto des israelischen Autors Ido Ricklin, das von Anke Rauthmann aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt wurde. Es geht von hinten angefangen vier Akte lang zurück um die früh verstorbenen Kinder und den abgetrieben Fötus, gezeugt von Oskar Kokoschka. Ricklin lässt die Titelheldin erst erscheinen, wenn sich der gesellschaftliche Wirbel gelegt hat. Almas Tochter Anna, eine Bildhauerin, arbeitet in ihrem Atelier an einer riesigen Büste ihres Vaters Gustav Mahler und kommentiert den weiteren Verlauf des Geschehens. Sie ist das einzig überlebende Kind und macht der Mutter Vorhaltungen, dass sie wieder betrunken sei. Anna sei nie geliebt worden und hätte anstelle von Manon sterben sollen.
Auf Schienen fährt ein Flügel auf die Szene, später ein Wagen aus der Grottenbahn und ein Pianino, an dem die junge Alma ihre ersten Kompositionen schafft. Regisseurin Ruth Brauer-Kvam hat damit einen einheitlichen und übersichtlichen Schauplatz geschaffen, in dem die aufeinander folgenden oder gleichzeitig um sie bemühenden Männer sich mit Alma auseinandersetzen und scheut keineswegs drastische Szenen mit Sex und Blut. Es geht immer wieder um die teils chaotischen, teils seltsamen Verhältnisse, die das Leben dieser Frau begleitet haben und ihr nicht zu unrecht das Attribut „Geliebte der vier Künste“ eingetragen haben. Die Musik zu dieser als Auftragswerk entstandenen Oper stammt von der 1954 in Haifa geborenen Komponistin Ella Milch-Sheriff. Es ist eine opulente Tonmalerei, eine aus Klang geschaffene Darstellung von gewaltigen Emotionen, die von Omer Meir Wellber mit dem Orchester der Volksoper beeindruckend umgesetzt wird. Josef Wagner (Gustav Mahler), Annette Dasch (Alma Mahler-Gropius-Werfel), Kinderchor © Barbara Pálffy/Volksoper Wien Der Gesang ist höchst anspruchsvoll, da es kaum erkennbare Melodien gibt, sondern nur scheinbar willkürlich vertonte Prosasätze in einem komplizierten harmonischen Geflecht. Um Annette Dasch als in jeder Beziehung authentische Verkörperung von Alma Mahler-Gropius-Werfel-Schindler ist ein wunderbares Ensemble am Werk, das die Begegnungen mit dieser einmaligen Persönlichkeit hör- und sichtbar macht. Mezzo Annelie Sophie Müller ist Anna, Sopranistin Lauren Urquhart die 18jährige Manon, der ein Streichquartett auf der Bühne mit einem Teil aus Alban Bergs „Dem Andenken eines Engels“ nachweint. Als Maria, Gustav Mahlers Tochter, zeigt ein kleines Mädchen im gelben Kleidchen aus dem Kinderchor bereits ein erstaunliches Bühnentalent.
Katia Ledoux (Carmen), Tomislav Mužek (Don José) © Barbara Pálffy/Volksoper Wien CARMEN Corrida mit Rosen und Jubel zum Femizid
Der französische Schriftsteller Prosper Mérimée hat in einer Novelle die Grundzüge der Handlung vorgegeben, die von Henri Meilhac und Ludovic Halévy von deutlich rassistischer Abneigung gegen die in Frankreich sogenannten Gitanes (Roma bzw. Sinti) einigermaßen bereinigt und für das Libretto der Oper Carmen umgeschrieben wurde. Geblieben ist die verführerische Frauengestalt, die den an sich zu Gewalt neigenden Soldaten Don José bis zur Desertion und am Ende zum Eifersuchtsmord reizt. Georges Bizet hat dazu die für damalige Verhältnisse revolutionäre Musik komponiert und eine der meistgespielten Opern geschaffen, wenn auch gegen zähe Widerstände seiner Zeitgenossen, die sich mit dieser ungeschminkten Darstellung von Realität auf der Bühne wenig anzufangen wussten. Seither inspirierte dieses ungleiche Paar zu unzähligen Interpretationen. Sie reichen vom gewissenlosen Vamp und einem auf die schiefe Bahn geratenen braven Mann bis zur Heldin, die gnadenlos die Schwächen des angeblich starken Geschlechts aufzeigt.
Wenn die Chefin der Volksoper, Lotte de Beer, selbst Regie führt, scheint von vornherein klar zu sein, wer die Guten und wer die Bösen sind. Sie geht dabei so weit, den Mord an Carmen als Ende einer Corrida zu deuten und der Frau die Rolle des in der Arena erstochenen Stieres zu geben. Aus den Logen eines Theaters verfolgt der Chor ab der Hälfte des Stücks als Pseudopublikum das Geschehen. Bei Carmens Ableben werden jubelnd Rosen geworfen. Um die Absurdität dieser Situation zu unterstreichen tanzen Mitglieder des Wiener Staatsballetts als putzige Toreros verkleidet mit lächerlich zierlichen Schritten um den brennend eifersüchtigen José und eine für ihre Freiheit kämpfende Frau. Damit ergeben sich zwei völlig unterschiedliche Teile dieses Abends. Der Anfang ist eher konventionell, mit einem Straßenbild von Sevilla vor der Zigarettenfabrik (werden dort die berüchtigt starken Gitanes erzeugt?). Der Gastgarten der Taverne (über Sesseln und Tischen funkeln die Sterne) bietet ebenfalls eine nachvollziehbare Situation. Die Schlucht im Schmugglercamp wurde jedoch bereits auf einen stilisierten Felsen reduziert. Dahinter erhebt sich bis zum Schluss das Theater auf der Bühne. Das gibt zu denken und sorgt für Diskussionen, die wohl im Sinn der Regisseurin sind.
Am Pult des Volksopernorchesters legt Ben Glassberg mit auffallend zündendem Tempo los, bietet in der Folge aber dem auf Französisch singenden Ensemble eine solide Unterlage. Mit frischen Stimmen legen Alexandra Flood (Frasquita) und Sofia Vinnik (Mercédés) die Karten, die den Tod von Carmen voraussagen. Alexander Fritze ist ein resoluter Leutnant Zuniga, der jedoch von den Schmugglern Remendado (Karl-Michael Ebner) und Dancaïro (Marco Di Sapia) in der Kaschemme eine Niederlage einstecken muss. Mit breitem Bassbariton wirft sich Josef Wagner als Escamillo wuchtig in den Kampf gegen den Toro und um die Liebe von Carmen.
Matilda Sterby (Magda de Civry), Timothy Fallon (Prunier), Rebecca Nelsen (Lisette) © Barbara Pálffy/Volksoper Wien LA RONDINE Melodiöser Flug der verliebten Schwalbe
Schuld am ganzen ist nur der Dichter. Seiner Phantasie entspringen die tollsten amourösen Verwicklungen. Er infiziert mit dem Liebesvirus ausgerechnet eine Lebedame, die daraufhin ihrem unmoralischen Lebenswandel entsagt, ihren reichen Geldgeber verlässt und dem jungen Geliebten folgt. Klar, das kann nicht gut gehen, vor allem dann, wenn sich die Mutter des jungen Mannes eine Schwiegertochter mit untadeligem Lebenswandel wünscht. Viele Operetten sind aus ähnlichem Material geschnitzt, Giacomo Puccini verlangte von seinem Librettisten Giuseppe Adami jedoch einen Text, der wie in einer Oper durchgehend zu vertonen ist. Damit ist „La rondine“ (die Schwalbe) ein Zwitter geworden, der es damit gebüßt hat, dass er eher selten das Licht der Bühnenscheinwerfer erblickt. Dazu kommt, dass es die Musen mit dem Komponisten nicht wirklich gut meinten und ihm den großen Wurf in den Melodien versagten. Entstanden ist ein nettes Stück Musiktheater, mit eher historischem als musikalischem Wert.
Dass es trotzdem ein wunderbar unterhaltsamer Abend in der Volksoper geworden ist, ist nicht zuletzt der Regie von Lotte de Beer zu verdanken. Keine schrägen Mätzchen, keine unmotivierten Zeitsprünge und keine verstörenden Abirrungen, stattdessen überraschend humorige Ideen und ein sehr gutes Ensemble, das ist das zufriedenstellende Fazit dieser Produktion. Die Leitung am Pult obliegt Alexander Joel, der das Volksopernorchester Puccini mit wienerischem Einschlag gekonnt mischen lässt. Nun zum einzelnen: Der Dichter Prunier, ein gemütlich beleibter Kerl (bereits ein Publikumsliebling: Timothy Fallon), treibt in der Pariser Gesellschaft um 1860 sein poetisches Unwesen. Er selbst liebt Lisette, die Haushälterin seiner Gastgeberin Magda. Aber, so sein Jammer, bei seiner Reputation darf er nur reiche Frauen begehren. Lisette ist diesbezüglich anderer Ansicht.
Ensemble, Chor der Volksoper Wien, Wiener Staatsballett © Werner Kmetitsch / Volksoper Wien DIE LUSTIGE WITWE Pontevedros wunderbare Rettung
Kritische Geister haben schon seit Längerem festgestellt, dass dieser Stoff der Wokeness unserer aktuellen Gesellschaft nicht entspricht. Da ist von den Weibern die Rede, in fast unerträglicher Wiederholung dieses despektierlichen Ausdrucks für Frauen. Gemeint sind damit Nachtclubtänzerinnen, die angeblich nichts anderes im Sinn haben, als in die Jahre gekommene Herren auszunehmen, Ehegattinnen, die ihre Männer nach Strich und Faden betrügen, und eine zu sagenhaftem Reichtum gekommene Witwe, die sich von ganz unten nach ganz oben geheiratet hatte. Wenn man aber ein wenig genauer in das Libretto von Victor Léon und Leo Stein hineinblickt, entdeckt man einen Haufen dummer männlicher Wesen, gegen die jede dort vorkommende Frau eine Intelligenzbestie ist. Damit ist, so kann man beruhigt feststellen, ein Gleichstand zwischen den Geschlechtern erreicht. Nichts steht mehr im Wege, Franz Lehárs grandiose Komposition zu „Die lustige Witwe“ unvoreingenommen zu genießen.
Um bei der Musik zu bleiben: Ben Glassberg steht am Pult des Volksopernorchesters und zaubert wundervolle Klänge, wohl mit wienerischer Unterstützung der vor ihm im Graben Musizierenden. Wem bei „Lippen schweigen, s´ flüstern Geigen“ nicht das Herz aufgegangen ist, der muss ein Rüpel sein, so schön wurde dieser Walzer bei der Premiere gespielt; mit der deutlichen Verzögerung der Drei im Takt. Bis es jedoch so weit ist, muss eine nicht unkomplizierte Handlung umgesetzt werden.
Als Baron Mirko Zeta versucht Szymon Komasa die maroden Finanzen seines Heimatlandes zu sanieren. Dabei merkt Herr Botschafter nicht, dass seine Frau, die Französin Valencienne, längst ein Gspusi mit dem Maler Camille (ein junger Tenor, den man sich merken sollte: Aaron-Casey Gould) lustvoll betreibt. Sie ist doch eine anständige Frau, lässt ihn Hedwig Ritter glauben und notiert es sicherheitshalber auf ihrem, vom Liebhaber kompromitierend signierten Fächer.
Myrthes Monteiro (Anita), Ensemble © Marco Sommer / Volksoper Wien WEST SIDE STORY Sparsame Ausstattung, opulente Wirkung
Die traurigste Liebesgeschichte wohl der ganzen Geschichte bewegt seit Urzeiten die Herzen – obwohl, daraus gelernt hat bis heute niemand. Nicht erst William Shakespeare hat sie für sich entdeckt, aber er hat Romeo und Julia zum Allgemeingut der Menschheit gemacht. Ihm sind unzählige Autoren gefolgt, auch Arthur Laurents und Stephen Sondheim, die die Story nach New York City verlegt haben, in einen düsteren Teil der West Side von Manhatten. Die Musik dazu hat ein ganz Großer geschrieben. „West Side Story“ wird gemeinhin als Musical bezeichnet. Leonard Bernstein hat damit aber weit mehr geschaffen, eher eine Symphonie des 20. Jahrhunderts mit rasend vertrackten Rhythmen und einer den Klängen immanenten komplizierten Harmonik. Trotzdem geht diese Komposition wie kaum eine andere ins Ohr, denn die Melodien, bei denen es um das Wesentliche des Inhalts geht, fliegen den Zuhörern zu wie prächtige Vögel. Sie machen Lachen und Weinen, erregen den Zorn auf den Hass an sich und erzählen von einer Liebe, die nicht imstande ist, Katastrophen zu verhindern.
Mit dieser Produktion hat Lotte de Beer einen Goldgriff getan. Sie hat selbst Regie geführt und dieses Werk in beachtlicher Qualität umgesetzt. Auf Kulissen wie die Freiheitsstatue in der Ferne, verkommene Häuserfassaden, Feuerleitern oder verdreckte Reklameschilder wird verzichtet. Das Schwarz des Hintergrundes reicht (abgesehen vom „Place to be“) völlig aus, um mit Licht und ein paar wenigen Requisiten die Schauplätze zu markieren (Bühnenbild: Christof Hetzer). Den Rest besorgen ohnehin die Darsteller. Mitreißende Tanzszenen der Jets und der Sharks lassen das Temperament überquellen (Choreographie: Bryan Arias). Von Riff (Oliver Liebl), der lästigen Anybody (Melanie Böhm) über den streitsüchtigen Bernardo (Lionel von Lawrence) bis zum schießwütigen Chino (James Park) sind alle diese Gesangsrollen solide besetzt. Die Mädchen, ob die blonden Girls der Sharks oder die glutvollen Puoertoricanerinnen, sind nicht nur eine Augenweide, sie verstehen es auch, trefflich zu tanzen und zu singen.
Statistik |